Wüstenschloss wirft neues Licht auf frühen Islam

Asrak. Bei Arbeiten am jordanischen Wüstenschloss Quasr Amra - Teil des Unesco-Weltkulturerbes - haben Restauratoren und Archäologen erstmals Beweise dafür gefunden, dass Kalif Walid II. erotische Darstellungen nackter Damen wohl selbst in Auftrag gegeben hat. Auch bukolische Jagdszenen und Hinweise auf den Genuss alkoholischer Getränke finden sich an den Wänden von Quasr Amra wieder

Asrak. Bei Arbeiten am jordanischen Wüstenschloss Quasr Amra - Teil des Unesco-Weltkulturerbes - haben Restauratoren und Archäologen erstmals Beweise dafür gefunden, dass Kalif Walid II. erotische Darstellungen nackter Damen wohl selbst in Auftrag gegeben hat. Auch bukolische Jagdszenen und Hinweise auf den Genuss alkoholischer Getränke finden sich an den Wänden von Quasr Amra wieder. Bekannt sind die für die arabische Welt höchst ungewöhnlichen Wandgemälde schon lange. Seit 1985 ist das Schloss nahe der Oasenstadt Asrak Teil des Weltkulturerbes. Doch bisher war umstritten, wer die Malereien in Auftrag gab. Ein strenggläubiger muslimischer Kalif wohl kaum, so hieß es lange in Jordanien. Eher hatte man die Byzantiner oder die Römer in Verdacht, ihre laxen Moralvorstellungen in die Wüste getragen zu haben.Andere Forscher hatten seit einiger Zeit einen prominenten Omajaden in Verdacht: Kalif Walid II. Religiöse Würdenträger, aber auch Konkurrenten in der eigenen Familie hielten ihn für einen leichtlebigen Playboy. Niemand bezweifelte, dass Walid sich gerne in Quasr Amra (zu Deutsch "Kleiner Palast von Amra") aufhielt. Doch bisher fehlte der Beweis, dass er das Schloss erbauen ließ und so für die Wandmalereien verantwortlich war.

Seit fast einem Jahr arbeitet eine internationale Expertengruppe unter italienischer Leitung daran, die Wände von Ruß und Schmierereien aus vielen Jahrhunderten zu befreien. Kürzlich entdeckten sie ein Graffito aus dem achten Jahrhundert: "Oh Gott, mache Walid ibn Jasid tugendhaft." Für den ehemaligen jordanischen Denkmalschutz-Direktor Ghasi Bischeh lässt sich damit "zum ersten Mal eindeutig sagen, dass dieser Palast von Walid in Auftrag gegeben wurde und dass dies in der Tat Kunst aus der omajadischen Ära ist". Allerdings gehen die Forscher davon aus, dass das Schloss schon unter seinem Vorgänger Kalif Hischam erbaut wurde, der von 723 bis 743 in Damaskus regierte. Sonst hätte der Schriftzug auch Walids Kalifentitel enthalten. Den Restauratoren bleibt nicht viel Zeit, eines der letzten Beispiele säkulärer omajadischer Kunst zu bewahren. Über die Jahrhunderte haben Regengüsse, Sandstürme und die Lagerfeuer der Beduinen den Wandmalereien schwer zugesetzt. Ein erstes Restauratoren-Team hat in den 70ern zudem mit Chemikalien gearbeitet: Die Bilder sind vergilbt und drohen von der Wand zu bröckeln. dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort