Wirtschafts-Lokomotive China mit Schwächen

Peking. Ist China eine neue Supermacht? Das Reich der Mitte wird wohl noch dieses Jahr zur zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA aufsteigen und Japan überholen. Von Deutschland übernimmt China den prestigeträchtigen Titel des Exportweltmeisters. Mit den weltgrößten Devisenreserven fungiert China als Hausbank und größter Kreditgeber der hoch verschuldeten USA

Peking. Ist China eine neue Supermacht? Das Reich der Mitte wird wohl noch dieses Jahr zur zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA aufsteigen und Japan überholen. Von Deutschland übernimmt China den prestigeträchtigen Titel des Exportweltmeisters. Mit den weltgrößten Devisenreserven fungiert China als Hausbank und größter Kreditgeber der hoch verschuldeten USA. Während die Bedeutung der Supermacht USA abnimmt, steigt China zum gewichtigen Mitspieler auf der Weltbühne auf - ist heute so stark wie nie zuvor. Bei seinem "Antrittsbesuch" heute in Peking wird der neue Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) auf ein gewachsenes Selbstbewusstsein der chinesischen Führer stoßen. Experten sind sich einig, dass die globale Wirtschaftskrise die Machtkonstellationen in der Welt zu Gunsten Chinas verschoben hat. Mit einem Wachstum von acht Prozent erweist sich China - trotz eigener Probleme - als Lokomotive der Weltkonjunktur. "China ist ein aufstrebendes Land, während die Macht der USA relativ gesehen abnimmt", stellt Yu Yingli vom Shanghaier Institut für internationale Studien fest. Doch von der viel diskutierten Partnerschaft mit den USA zur Lösung globaler Herausforderungen hält Chinas Führung nicht viel. Als größtes Entwicklungsland - mit zehn Prozent seiner 1,3 Milliarden zählenden Bevölkerung noch in Armut - habe das Land selbst genug Probleme zu lösen, argumentiert Regierungschef Wen Jiabao. Denn selbst wenn China bald zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt sein mag, reicht es bei einer Pro-Kopf-Bemessung der Wirtschaftsleistung nicht einmal für Platz 100. Doch lässt die kommunistische Führung gerne die Muskeln spielen, wenn es um ihre Kern-Interessen geht: Die wirtschaftliche Entwicklung und die Wahrung der Einheit des Landes - etwa in Tibet. In Handelsfragen beantwortet China protektionistische Maßnahmen anderer Länder selbstbewusst mit Sanktionen. Noch keine SupermachtZur Supermacht fehlt noch einiges, sagen Experten. Das größte Manko liege im Inneren: Die kommunistische Ein-Parteien-Diktatur werde nur durch den Erfolg seiner Wirtschaft und den wachsenden Wohlstand getragen, stütze sich sonst auf die Unterdrückung von Kritikern. Die "Rotchina AG" sei zwar wirtschaftlich erfolgreich, aber ideologisch bankrott. "Die Ausübung von Macht muss durch Ideen und Visionen fundiert sein, die universell attraktiv sind", schrieb Professor Minxin Pei für die US-Denkfabrik Carnegie Endowment in einem Aufsatz unter dem Titel: "China ist keine Supermacht". Chinas Führer seien sich der Grenzen ihrer Macht bewusst. Sie verhielten sich daher vorsichtig und schreckten vor internationalen Verpflichtungen zurück.

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