Alle rätseln über die unbeugsame Hillary

Washington. Nach den Vorwahlen in Oregon und Kentucky steht es fest: Barack Obama hat die Mehrheit der gewählten Delegierten zum Nominierungs-Parteitag der Demokraten auf seiner Seite. Und dennoch - seine Konkurrentin Hillary Clinton gibt nicht auf und verhindert damit das Zusammenrücken der Partei nach einer langen, emotionalen Vorwahlsaison

Washington. Nach den Vorwahlen in Oregon und Kentucky steht es fest: Barack Obama hat die Mehrheit der gewählten Delegierten zum Nominierungs-Parteitag der Demokraten auf seiner Seite. Und dennoch - seine Konkurrentin Hillary Clinton gibt nicht auf und verhindert damit das Zusammenrücken der Partei nach einer langen, emotionalen Vorwahlsaison. Auf die Frage nach dem Warum hat sie eine einfache Antwort parat. "Ich gebe nicht auf, ich gebe niemals nach", rief sie ihren Anhängern in Kentucky zu, die ihr noch einmal einen Sieg geschenkt hatten. Bei der Vorwahl in dem konservativen Bundesstaat kam die New Yorker Senatorin auf 65 Prozent der Stimmen, Obama erhielt nur 30 Prozent. Clinton punktete vor allem in ländlichen Gebieten und bei der weißen Bevölkerung. Doch selbst der riesige Vorsprung von Kentucky ändert nichts am Ausgang des Rennens. Denn zugleich heimste Obama den Sieg in Oregon ein, mit 58 zu 42 Prozent. Damit liegt Clinton nun um rund 250 Delegierte unter der Zielmarke von derzeit 2026 - das ist die magische Anzahl der Delegierten, die für eine Nominierung beim Parteitag erforderlich ist. Bei den drei noch ausstehenden Rennen in Puerto Rico, Montana und South Dakota sind aber nur 86 Delegierte zu gewinnen. Hinzu kommen 211 "Super-Delegierte", die sich noch nicht auf einen der beiden Kandidaten festgelegt haben. Nach Adam Riese müsste Clinton demnach 84 Prozent aller noch ausstehenden Delegierten gewinnen - und das wäre selbst mit drei haushohen Siegen à la Kentucky nicht zu schaffen.Kein Wunder also, dass über die Hartnäckigkeit der Senatorin munter spekuliert wird. Die gängigste Erklärung: Sie wolle sich in eine starke Position bringen und so den Sieger zwingen, sie zur Vizepräsidentschafts-Kandidatin zu machen. Doch da winken selbst Vertraute inzwischen ab. Clinton weiß, dass Obama sie nicht will. Die Senatorin wolle ihre Kollegen im Kongress nötigen, sie zur neuen Mehrheitsführerin im Senat zu machen, lautet eine andere Version. Auch das klingt nicht unbedingt plausibel. Schließlich hat die ehemalige First Lady auf dem Capitol Hill nicht allzu viele Freunde, und die Mehrheit der Senatoren schlug sich auf die Seite ihres Rivalen.Käme noch das Schulden-Argument in Frage. Nach den jüngsten Vorwahlen Kentucky steht Clinton mit 31 Millionen Dollar in der Kreide, aus eigener Tasche schoss sie 11,4 Millionen Dollar für den Wahlkampf zu. Im Gegenzug für einen Rückzug könnte die Kandidatin nun versuchen, Obama zur Übernahme ihrer Schulden zu bewegen. Auch das historische Argument ist nicht von der Hand zu weisen: Würde Clinton die Mehrheit der absolut abgegebenen Stimmen erreichen, was noch möglich ist, dann könnte sie als "Al Gore der demokratischen Vorwahlen 2008" in die Geschichtsbücher eingehen - durch die Stimmenmehrheit gewählt, aber in der Abstimmung der Delegierten geschlagen.Bleibt noch das "Parallel-Universum" der Clintons als letzte und beste Erklärung. Die Hoffnung auf einen unerwarteten Skandal, der Obama aus der Bahn wirft, einen unerwarteten Akt Gottes - und der Versuch, es Ehemann Bill gleichzutun. Der sagte 1992, als ihn die Medien wegen seiner ehelichen Eskapaden abgeschrieben hatten, in einer denkwürdigen Rede in New Hampshire: "Wenn ihr bei mir bleibt, bleibe ich bei euch, bis der letzte Hund stirbt." Der Unterschied? Bill stand damals am Anfang eines langen Vorwahlprozesses, Hillary steht am Ende.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort