Wieder Diskussion über Abschaffung von Münzgeld 15 Milliarden Münzen liegen in Schubladen

Berlin · Die Diskussion über die Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Stücken bekommt in Deutschland neue Nahrung.

 Ein- und Zwei Cent-Münzen sind in Europa als Zahlungsmittel umstritten. 

Ein- und Zwei Cent-Münzen sind in Europa als Zahlungsmittel umstritten. 

Foto: dpa/Karlheinz Schindler

Italien will sie ab 2018 ganz abschaffen. Und in den Niederlanden müssen Händler keine Ein- oder Zwei-Cent-Münzen mehr zurückgeben oder annehmen, sie runden den zu zahlenden Betrag. Nun könnte die Debatte über die Zukunft der Mini-Geldstücke auch in Deutschland wieder an Fahrt gewinnen: Denn nach Berechnungen der Grünen schlummern Kleinstmünzen im Wert von rund 220 Millionen Euro in Schubladen und Schränken vor sich hin – oder wie Banker sagen: Sie sind nicht „im aktiven Umlauf“.

Diese Einschätzung geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Fraktion hervor. Demnach sind hierzulande bisher rund 11,2 Milliarden Ein-Cent-Münzen ausgegeben worden. Laut Ministerium sind 80 Prozent davon gehortet, verloren gegangen oder im Ausland im Umlauf. Dies gilt auch für 75 Prozent der 8,6 Milliarden ausgegebenen Zwei-Cent-Stücke. Das Finanzressort beruft sich auf Schätzungen und Zahlen der Bundesbank. Die Grünen haben nachgerechnet: Somit lagern in deutschen Schubladen rund 15 Milliarden Münzen. Der Gesamtwert belaufe sich auf rund 220 Millionen Euro. „Legt man die Cent-Münzen aneinander, reichen sie rund sechs Mal um den Äquator“, so Fraktionsvize Oliver Krischer zu unserer Redaktion.

Kritiker bemängeln schon lange die hohen Herstellungskosten im Vergleich zum Nennwert. Deswegen hatte die EU-Kommission 2013 über die Abschaffung nachgedacht und Vorschläge für einen Zahlungsverkehr ohne Einer und Zweier entwickelt. Die Ideen liegen aber offenbar auf Eis. In Deutschland hatte sich vor zwei Jahren die Mehrheit der Bevölkerung bei einer Umfrage für ein Aus der kleinen Kupfermünzen ausgesprochen. Vor allem wegen ihrer Unhandlichkeit: Die Suche im Portemonnaie kostet Zeit, an Parkschein- oder Fahrkartenautomaten werden die Kleinstmünzen ohnehin nicht mehr akzeptiert.

Unlängst probierten daher Geschäftsleute der Stadt Kleve aus, ob auf die Münzen verzichtet werden kann. Der Versuch machte bundesweit Schlagzeilen. Beim Bezahlen wurde der Gesamtkaufpreis an der Kasse einfach auf volle fünf Cent auf- oder abgerundet. Der Feldversuch gilt aber als gescheitert. Besonders ältere Menschen standen dem Auf- und Abrunden eher skeptisch gegenüber. In Holland müssen Händler übrigens einen Aufkleber an den Fenstern und an den Kassen haben, der deutlich auf die Rundungsregelungen hinweist.

Auch Experten der Bundesbank hatten sich schon für einen Verzicht stark gemacht, denn es sei fraglich, inwieweit Kleinmünzen überhaupt zum Bezahlen verwendet würden, schrieben sie in einem Papier. Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele hielt davon freilich wenig. Er lehnte ein entsprechendes Vorgehen ab. Die Grünen wollen dennoch am Thema dranbleiben. Allein die Herstellung sei schon „eine große Verschwendung an Metallen und Energie“, so Krischer. Das holländische Modell sei auch für den deutschen Handel überlegenswert. Ende 2018 wird übrigens bereits der 500-Euro-Schein abgeschafft. Allerdings aus ganz anderen Gründen: Schwarzgeldgeschäfte sollen erschwert werden.

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