„Wie ein Sechser im Lotto“

Perl · Für viele Bauern lohnt es sich, Flächen zum Bau von Windrädern zur Verfügung zu stellen. Hans Lauer, Geschäftsführer des Bauernverbandes Saar rechnet vor, dass derzeit gängige Windräder auf eine Leistung zwischen drei und 3,5 Megawatt kommen. 20 000 bis 40 000 Euro pro Jahr seien da für den Landwirt schon drin.

 Landwirt Peter Hoffmann steht in Perl-Büschdorf auf der Baustelle einer Windkraftanlage. Foto: Iris Maurer

Landwirt Peter Hoffmann steht in Perl-Büschdorf auf der Baustelle einer Windkraftanlage. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Peter Hoffmann (50) ist ein gefragter Mann. Nicht nur als frisch gewählter Präsident des saarländischen Bauernverbandes. Auch Investoren interessieren sich schon länger für ihn. Plötzlich standen sie vor seinem Hof im Perler Ortsteil Büschdorf, erinnert sich der Landwirt. Dort betreibt er Milchwirtschaft mit über 100 Kühen, Getreideanbau und eine Schnapsbrennerei. Die Herren waren auf der Suche nach großen Flächen, weil sie hinter dem Ort unweit zur Autobahn A 8 drei neue Windräder installieren wollen. Solche Investoren gaben sich in jüngster Zeit im Raum Perl-Büschdorf-Borg verstärkt die Klinke in die Hand. In der Gegend bläst der Wind im Vergleich zu anderen Orten recht stark und gilt daher als lukrativer Standort für den Betrieb solcher Anlagen. Davon sollen Investoren, Betreiber und Bauern, die ihre Flächen zur Verfügung stellen, im Idealfall gleichermaßen profitieren.

Die Praxis sieht jedoch anders aus, je nachdem, ob man sich als Grundstückseigentümer oder Pächter in ein solches Projekt einbringt. Peter Hoffmann zeigte sich als Grundstückseigentümer nicht gleich begeistert, wie er einräumt, denn seine Flächen liefern einen guten landwirtschaftlichen Ertrag. Ein Argument überzeugte ihn doch: Die Betreiber der geplanten Anlagen, VSE sowie Ökostrom Merzig, die jetzt auch auf einem Teil der Weidefläche Hoffmanns bauen, garantieren ihm für 25 Jahre eine jährlich feste Geldsumme als Ausgleich. Die Höhe der Pacht richtet sich nach der Leistung des jeweiligen Windrades.

Hans Lauer, Geschäftsführer des Bauernverbandes Saar rechnet vor, dass der Eigentümer einer solchen Fläche in der Regel zwischen 7000 und 12 000 Euro im Jahr pro Megawatt Leistung bekommt. Derzeit gängige Windräder kämen auf eine Leistung zwischen drei und 3,5 Megawatt. 20 000 bis 40 000 Euro pro Jahr seien da für den Landwirt schon drin. Und das durchgehend für die Dauer von 25 Jahren. "Das ist wie ein Sechser im Lotto", sagt Lauer. Denn dieses Geld hilft dem Grundstückseigentümer, sich unabhängiger zu machen von Krisen in der Landwirtschaft, etwa durch die ständigen Unsicherheiten beim Milchpreis. Gleichzeitig kann er die Existenz seines Hofes und die seiner Familie für lange Zeit finanziell absichern. So geht es auch Hoffmann.

Doch 70 Prozent der Saar-Landwirte stehen vor deutlich schwierigeren Verhältnissen, wenn Investoren Interesse zeigen. Als Pächter, die eine Fläche bewirtschaften, müssen sie sich erst einmal mit dem Eigentümer der Fläche einigen. Am Ende bleibt ihnen keine Chance, denn eine Einigung setzen Investoren voraus, bevor sie überhaupt ein solches Projekt in Angriff nehmen. Für die Pächter heißt das, dass sie am Ende die von den Investoren bevorzugte Fläche verlieren. Doch nicht nur das. Sie sind auch im Nachteil, wenn es um den Flächenausgleich als Gegenmaßnahme zum geplanten Windrad geht. Für einen solchen Flächenausgleich müssen die Investoren sorgen. Diese Ausgleichsfläche betrage pro Windrad in der Regel drei bis vier Hektar. "So verliert ein Landwirt, der in der Vergangenheit Pächter eines Grundstückes war, im Umfeld seiner ehemaligen Fläche noch einmal zusätzliche Fläche, die ihm nicht für eine Bewirtschaftung zur Verfügung steht", bemängelt Lauer.

Für diese gängige Praxis sind aber nicht die Anlagenbetreiber verantwortlich, sondern Auflagen des Bundesnaturschutzgesetzes und des Landesamtes für Umweltschutz und Arbeitswirtschaft. Die geforderten Ausgleichsflächen für Windräder seien von ihrer Gesamtzahl her mittlerweile viel zu hoch, kritisiert Lauer. Der Bauernverband fordert deshalb, dass solche Flächen-Ausgleichsmaßnahmen nicht mehr auf Kosten der Landwirte gehen dürfen. "Im Saarland gehen so schon 400 Hektar der Landwirtschaft verloren", sagt Lauer, der bilanziert: "Windkraftanlagen sind für Grundstückseigentümer ein Segen und für Pächter ein Fluch."

Die Betreiber der drei neuen Windräder in Büschdorf verfolgen ehrgeizige Zeitpläne. Gerade erst haben die Arbeiten für das Fundament begonnen. Im September sollen die Anlagen ans Netz gehen. "Das Bauen selbst geht ruckzuck. Wir liegen heute bei Lieferzeiten von unter einem Jahr", sagt Thomas Nägler, Geschäftsführer von Ökostrom mit Sitz in Merzig. Realisiert werden Windräder unter Beteiligung saarländischer Baubetriebe. "Wir achten darauf, dass die Wertschöpfung aus dem Projekt in der Region bleibt", sagt Nägler. Frank Schmeer, Leiter Erneuerbare Energien bei der VSE, sieht einen Vorteil darin, dass die Investoren in Büschdorf die Windräder bauen und selbst betreiben. So sei man jederzeit ansprechbar, während häufig Investoren oder Betreiber aus dem Ausland kämen.

Landwirt Hoffmann und seine Kollegen stören die Auflagen, die für die weitere Bewirtschaftung der Flächen im Einzugsbereich der Windräder gelten. So ist es in Büschdorf jeweils von März bis Oktober untersagt, Flächen zu bearbeiten, während das Windrad läuft. Dies diene dem Schutz des Rotmilans. Will ein Landwirt den Boden bearbeiten oder die Ernte einfahren, muss er zuvor die Leitstelle benachrichtigen, die das Windrad dann für zwei bis drei Tage abschaltet. Zudem dürfe der Landwirt nur noch Winterfrüchte anbauen wie Raps, Winterweizen und Wintergerste, während etwa der Anbau von Mais, Kartoffeln, Rüben sowie Sommergetreide wegfällt. "Das ist zwar ein Handicap für den Bauern, aber nicht existenzbedrohend. Es sei denn, er baut Kartoffeln an", sagt Hoffmann.

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