Energie-Verträge Wer zahlt Stromkosten für eine leere Wohnung?

Saarbrücken · Rechtlich ist vieles unklar, wenn Energieversorger Vermietern Stromkosten einer leeren Wohnung in Rechnung stellen. Ulrich Struth aus Riegelsberg wehrt sich vor Gericht.

 Eine umstrittene Angelegenheit: Manche Energieversorger verlangen von Hauseigentümern eine Stromzählermiete, auch wenn niemand die Wohnung nutzt?

Eine umstrittene Angelegenheit: Manche Energieversorger verlangen von Hauseigentümern eine Stromzählermiete, auch wenn niemand die Wohnung nutzt?

Foto: dpa/Federico Gambarini

Eigentlich ist es ein banaler Vorgang: Ein Mieter hat seine Wohnung gekündigt, meldet den Strom ab, eventuell steht die Wohnung eine Zeitlang leer. Dann zieht ein neuer Mieter ein und schließt einen neuen Vertrag mit dem Energieversorger. Dass das  beileibe nicht immer so geregelt abläuft, davon kann Ulrich Struth aus Riegelsberg ein Lied singen. Er besitzt mehrere Häuser in und um Saarbrücken, und die Korrespondenz mit Energieversorgern ebenso wie Prozessunterlagen füllen Ordner. Immer wieder hätten die Energieversorger ihn als Vermieter widerrechtlich zum Vertragspartner gemacht und in die sogenannte Grundversorgung gesetzt. Selbst dann, wenn längst neue Mieter in die Wohnung gezogen seien, habe er Rechnungen bekommen. „Dabei bin ich überhaupt nicht Ansprechpartner der Energie-Unternehmen“, sagt Struth. Das belegen auch Urteile, die er vor Gericht erstritten hat. Und trotzdem gehe der „Terror“ der Energie-Unternehmen, wie er es nennt, weiter.

Tatsächlich zeigt eine Umfrage bei verschiedenen Energie-Unternehmen im Saarland, dass es bei Mieterwechseln sehr unterschiedliche Vorgehensweisen gibt: Energie Saarl-Lor-Lux setzt beispielsweise den Vermieter bei einer Mieter-Kündigung automatisch in die Grundversorgung, die Stadtwerke Bliestal oder die KEW Neunkirchen wiederum verlangen bei einem Leerstand eine „Zählermiete“, die teilweise über dem Tarif der Grundversorgung liegt. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt, dass der Umgang mit leerstehenden Wohnungen seit Längerem zu Diskussionen zwischen Versorgern und Vermietern führt. Einige Details müssen nach Aussagen der Bundesnetzagentur noch von Gerichten geklärt werden. Trotzdem haben wir einige Antworten auf wichtige Fragen rund um den umstrittenen Strombezug zusammengetragen:

Was ist die von den Energieunternehmen in ihren Schreiben genannte Grundversorgung?

Die Grundversorgung übernimmt in einem Netzgebiet nach Vorgabende des Energiewirtschaftsgesetzes das Energieversorgungsunternehmen, das die meisten Haushaltskunden in dem Gebiet beliefert. Der Grundversorgungsvertrag ist ein vergleichsweise teurer Stromlieferungsvertrag. Bei längerem Bezug schließen Mieter üblicherweise Verträge, die ihrem Verbrauch angepasst sind. Der Vorteil von Grundversorgungsverträgen ist, dass sie sehr kurzfristig gekündigt werden können.

 Vermieter Ulrich Struth aus  Riegelsberg

Vermieter Ulrich Struth aus Riegelsberg

Foto: Joachim Wollschläger/SZ/Joachim Wollschläger

Ist der Vermieter automatisch Vertragspartner für den Grundversorger, wenn ein Mieter auszieht?

Nein. Aber dies ist der Punkt, über den Vermieter und Versorger wohl am meisten streiten. Nach Paragraph 2 der Strom-Grundversorgungsverordnung kommt ein Vertrag nur durch schriftlichen Abschluss oder durch die Stromentnahme zustande. Letztlich muss also in der Wohnung tatsächlich Strom verbraucht werden, um einen Grundversorgungs-Vertrag zu schließen. Der Bundesgerichtshof hat sogar geurteilt, dass geringe Stromentnahmen – etwa zum Zweck einer Besichtigung – nicht zu einem Vertragsabschluss führen. Der Wohnungseigentümer ist somit nicht automatisch Vertragspartner.

Was passiert, wenn ein Mieter gekündigt hat, die Wohnung leer steht und sich beim Einzug zeigt, dass zwischenzeitlich Strom verbraucht wurde?

Dann ist der Vermieter in der Pflicht, weil er in diesem Zeitraum tatsächlich die sogenannte Verfügungsgewalt über den Stromanschluss hatte.

Der Versorger hat mitgeteilt, dass er für die Zeit eines Leerstandes eine Zählermiete berechnet. Ist das berechtigt?

Auch dieses ist ein kritischer Punkt, der letztlich einer Klärung vor Gericht bedarf. Nach Auskunft der Bundesnetzagentur fallen für einen Stromanschluss auch dann Kosten an, wenn dieser nicht genutzt wird. Die Kosten für die Zähler werden gemeinhin über die Netzentgelte und – bei intelligenten Zählern – über den Stromliefervertrag an den jeweiligen Vertragspartner weitergereicht. Besteht kein solcher Vertrag, weil kein Strom abgenommen wird, nehmen die Energieversorger einfach den Wohnungseigentümer in die Pflicht, da er den Einbau des Zählers beauftragt hat. Inwiefern dies rechtlich möglich ist, muss nach Angaben der Bundesnetzagentur im Einzelfall gerichtlich geklärt werden. Fakt ist, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch den Preislisten der Energieversorger eine solche Zählermiete üblicherweise nicht zu finden ist.

Wie kann sich der Eigentümer wehren, wenn der Energieversorger mit dem Ausbau des Zählers droht?

Grundsätzlich nicht. Denn auch ohne Stromverbrauch entstehen bei einem aktiven Anschluss Kosten. Dem Netzbetreiber steht es daher  nach Auskunft der Bundesnetzagentur frei, den Anschluss durch Ausbau des Zählers stillzulegen, wenn er die Kosten nicht weiterreichen kann. Das Bundeswirtschaftsministerium merkt dazu an, dass auch das Vorhalten einer funktionsfähigen Stromversorgung eine Leistung ist.

Wer trägt dann die Kosten für den Wiedereinbau des Zählers?

Die trägt dann derjenige, der den Wiedereinbau des Zählers verlangt. Also entweder der Vermieter, der seine Wohnung funktionsfähig übergeben will, oder der Mieter. Die Berechnungsgrundlage für die Kosten muss das Unternehmen dem Kunden auf Verlangen nachweisen. Will der Vermieter einen Zählerausbau vermeiden, wird er sich mit dem Energieversorger über eine Übernahme der sogenannten „verbrauchsunabhängigen Kosten“ einigen müssen.

Was passiert, wenn das Energieunternehmen den Vermieter in die Grundversorgung setzt, obwohl ein neuer Mieter eingezogen ist?

Vertragspartner ist grundsätzlich derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Anschluss hat. Bei einer Vermietung ist das der Mieter.

Ist der Vermieter verpflichtet, den Mieterwechsel anzuzeigen, und darf er die Mieterdaten überhaupt weitergeben?

Grundsätzlich hat der Vermieter nach Einschätzung des Datenschutzzentrums im Saarland nicht die Pflicht, Namen und Kontaktdaten des Mieters an den Grundversorger zu übermitteln. Im Falle einer Anfrage durch den Grundversorger spreche aber datenschutzrechtlich nichts dagegen, da der Mieter sowieso verpflichtet sei, sich bei einem Energieversorger anzumelden, und sowohl Vermieter als auch Versorger ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ein Vertrag zustande kommt. Der Versorger, um unberechtigte Stromentnahme zu vermeiden. Der Vermieter, um mögliche Ansprüche gegen sich selbst abzuwenden. Eine Weitergabe der Mieter-Daten ohne Anfrage des Versorgers sei aber nur mit Zustimmung des Mieters möglich.

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