Kongress in Saarbrücken Wenn Daten-Schätze gehoben werden

Saarbrücken · Die digitale Vernetzung der Produktion setzt sich bei den Autobauern allmählich durch.

 Auf Tablet-Computern können alle Daten abgerufen werden, die für die Produktion relevant sind. Bei Bosch heißen sie Active Cockpit.

Auf Tablet-Computern können alle Daten abgerufen werden, die für die Produktion relevant sind. Bei Bosch heißen sie Active Cockpit.

Foto: dpa/Daniel Maurer

Die Digitalisierung der Produktion mit der Vernetzung ganzer Fertigungsstraßen – die so genannte Industrie 4.0 – wird sowohl bei den Autobauern als auch bei den wichtigsten Zulieferbetrieben mit Macht nach vorne getrieben. Aber die große Revolution ist auf absehbare Zeit noch nicht zu erwarten. Das war der Tenor auf dem diesjährigen Herbstforum des Experten-Netzwerks AKJ Automotive, das gestern und heute in Saarbrück­en stattfindet. Rund 160 leitende Mitarbeiter von Autofirmen, Zulieferern, aber auch Vertreter von Hochschulen und IT-Firmen kamen zu diesem Forum zusammen.

„Eine wichtige Komponente für eine vernetzte Fabrik ist der standardisierte Datenaustausch. Hier stehen wir noch ganz am Anfang“, erläuterte Hermann Becker, Werksleiter des Automatikgetriebe-Herstellers ZF im Saarland. Jeder Bereich pflege seine eigenen Datensätze, die für sich gesehen alle wertvoll seien, aber erst den gesamten Schatz an Informationen preisgeben würden, wenn sie alle mit­einander verbunden würden. Thies Uwe Trapp, der in den Bosch-Werken in Homburg das Projekt Industrie 4.0 leitet, machte das am Beispiel der Material-Beschaffung deutlich. „Wir stellten fest, dass die Zeitspanne von der Bestellung einzelner Fertigungs-Komponenten von vier bis zu mehr als 60 Stunden reichte und machten uns daran, diesen Zeitraum zu verkürzen“, erzählte er.

Die verantwortlichen Industriemeister in der Montage hat Bosch inzwischen mit einem so genannten Active Cockpit ausgestattet. Dahinter verbirgt sich ein Tab­let-PC, auf dem die Meister vor Beginn der Schicht alle produktionsrelevanten Daten abrufen können. „Vorher mussten sie sich diese mühsam zusammensuchen“, erläuterte Trapp. „Diese Zeit sparen sie sich jetzt.“ Dadurch würden auch die Team-Besprechungen vor den Schichten verkürzt, weil jeder Meister den gleichen Wissensstand hat. Außerdem könnten die Besprechungs-Ergebnisse über den Active Cockpit sofort protokolliert werden. Mit der digitalen Vernetzung der Maschinen habe Bosch zudem erreicht, „dass wir inzwischen pro Jahr 1,65 Millionen Euro an Energiekosten sparen“, zeigte der Bosch-IT-Experte einen weiteren Vorteil digitaler Prozesse auf. So würden die Maschinen, die bei bestimmten Fertigungsabläufen nicht gebraucht würden, konsequent abgeschaltet.

Für ZF-Werksleiter Becker ist die Weiterbildung der Mitarbeiter „ein zentrales Element für den Erfolg von Industrie 4.0“. Diese würden künftig „mit ganz anderen Heraus­forderungen konfrontiert“. Eine mögliche Lösung seien so genannte Assistenz-Systeme. Dahinter verbirgt sich eine Software, die sicherstellen soll, dass bei der Montage der Getriebe keine Fehler gemacht werden. Um hier Erfahrungen zu sammeln, beteiligt sich ZF an dem Verbundprojekt NeWiP, das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird. „Diese Systeme müssen selbstlernend sein. Bei einem erfahren Monteur wirken sie nur noch im Hintergrund“, erläutert er. Dadurch soll allerdings nicht erreicht werden, „dass wir nur noch angelernte Mitarbeiter beschäftigen. Wir setzen weiter auf den Facharbeiter mit einer umfassenden Berufsausbildung.“ Mit Assistenz-Systemen lasse sich aber die Qualität in der Fertigung spürbar verbessern.

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