Landwirtschaft Viehhalter sollen Dürre-Hilfe bekommen

Berlin · Bundesagrarministerin Julia Klöckner stellt insbesondere für Kuhbetriebe Unterstützung in Aussicht. Bei Ackerbauern will sie die Erntebilanz abwarten.

 Weil auf vielen Wiesen wegen der Trockenheit kein Gras mehr wächst, bekommen Kühe jetzt schon Winterfutter.

Weil auf vielen Wiesen wegen der Trockenheit kein Gras mehr wächst, bekommen Kühe jetzt schon Winterfutter.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Angesichts drohender Futterknappheit für Vieh in vielen Regionen Deutschlands können Tierhalter mit schnellen Dürre-Nothilfen rechnen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sprach gestern von einer alarmierenden Situation und stellte rasche Unterstützung in Aussicht – auch um Notschlachtungen zu vermeiden. Die Länder sollen nun rasch Hilfsprogramme vorlegen, die der Bund dann flankieren will. Bei Getreide erwarten die Bauern inzwischen eine noch schlechtere Ernte als befürchtet und dringen auf Unterstützung. Klöckner bekräftigte aber, dass darüber erst nach der für Ende August geplanten amtlichen Erntebilanz zu entscheiden ist.

„Die Dürre trifft unsere Bauern in Deutschland sehr hart“, sagte die Ministerin, die auch das Kabinett über die Lage informierte. Die Schäden seien beträchtlich, aber je nach Region sehr unterschiedlich. Von Trockenheit betroffen seien vor allem der Norden und Osten. Genauere Einschätzungen nach Ländern wollte Klöckner noch nicht treffen. Manche Gegenden kämen auch „mit einem blauen Auge“ davon.

In vielen Regionen wird aber die Futterversorgung kritisch, wie die Ministerin erläuterte. So wächst einmal gemähtes Gras wegen der Dürre nicht für den sonst üblichen zweiten und dritten Schnitt nach. Auch Mais verkümmert. Viehhalter müssen Futter zukaufen, was aber gerade schwierig ist. Denn Osteuropa fällt als Markt weitgehend weg – aus Vorsicht wegen der dort auftretenden Afrikanischen Schweinepest. Es bleibt oft nur, recht teures Soja einzukaufen. Milchbauern haben nach jüngsten Preiskrisen aber kaum Rücklagen. Daher komme es auf schnelle Hilfen an, sagte Klöckner.

Belastend kommt hinzu, dass zunehmende Schlachtungen auf die Preise drücken. „Wegen der Hitze haben die Leute wenig Appetit auf ein herzhaftes Steak“, sagte Fleischexperte Matthias Kohlmüller von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Normalerweise würden im Juni und Juli 17 000 bis 19 000 Kühe pro Woche geschlachtet. In den vergangenen Wochen seien es aber bis zu 22 000 Kühe gewesen. „Dieses Überangebot verschärft den Preisverfall noch zusätzlich“, sagte Kohlmüller. Gerade erhielten Bauern für Kühe 2,65 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Im August 2017 waren es 3,18 Euro. Auf die Verbraucherpreise habe dies aber keinen Einfluss, sagte der Experte.

Bei Getreide zeichnen sich nach einer neuen Ernte-Zwischenbilanz des Bauernverbands noch größere Einbußen ab. Statt zunächst geschätzter 41 Millionen Tonnen sei nur mit rund 36 Millionen Tonnen zu rechnen. Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach von einem „katastrophalen Ausmaß der Dürreschäden“. Im vergangenen Jahr waren 45,6 Millionen Tonnen eingefahren worden. Wegen geringer Ertragsaussichten und Sorge um die Futterversorgung hätten einige Betriebe Getreide gehäckselt.

„Die aus unserer Sicht eindeutigen Zahlen lassen eine grundsätzliche Entscheidung über Dürrehilfen schon jetzt zu“, sagte Rukwied. Die Voraussetzungen für Finanzhilfen der Länder in besonders betroffenen Regionen seien klar erfüllt. Die Prognose enthält demnach inzwischen in großem Umfang auch tatsächliche Erntemengen. Der Bauernverband fordert rasche Nothilfen von möglichst einer Milliarde Euro.

Zuständig für Finanzhilfen sind zuerst die Länder. Der Bund kann erst mit einspringen, wenn Schäden von „nationalem Ausmaß“ festgestellt werden. Zuletzt war dies 2003 wegen einer Dürre der Fall. Klöckner machte erneut klar, dass sie fundierte Daten statt Schätzungen braucht, ehe zusätzliches Steuerzahlergeld eingesetzt wird. Klöckner will am 22. August erneut dem Kabinett zur Lage berichten.

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