Arbeitsmarkt Viele Jobs bleiben befristet

Berlin · Trotz des langen Booms in der Wirtschaft sind viele Jobs nur auf Zeit abgeschlossen. Medien und Öffentlicher Sektor sind stark betroffen.

 Auch Lehrerjobs sind oft nur noch befristet.

Auch Lehrerjobs sind oft nur noch befristet.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Trotz der guten Wirtschaftslage in Deutschland bekommen immer noch viele neu eingestellte Beschäftigte lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag. In manchen Branchen sind Neueinstellungen sogar fast komplett befristet. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach war der Befristungsanteil bei Neuanfängern im Jahr 2017 im Bereich der Rundfunksender sowie bei Film, Fernsehen und Kino mit 98,7 beziehungsweise 96,7 Prozent mit Abstand am höchsten. In den Zahlen enthalten sind allerdings auch sehr kurze und projektbezogene Beschäftigungsverhältnisse. Auch der staatliche Sektor sticht besonders heraus. So arbeiten fast drei Viertel der neu eingestellten Erzieher und Lehrer befristet. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind es immerhin 59,4 Prozent, die zumindest fürs Erste einer ungewissen Zukunft entgegensehen.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) schwankte der Befristungsanteil bei Neueinstellungen im Jahr 2017 über alle Branchen hinweg zwischen 40,3 und 46,5 Prozent. Die unterjährigen Veränderungen resultieren zum Beispiel daraus, dass der Wechsel von einer Beschäftigung zur nächsten häufig zum Jahreswechsel stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt registriert die BA auch häufiger die Umwandlung von befristeten in unbefristete Stellen. Obendrein sorgt der Wechsel ehemaliger Azubis in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zeitweilig für einen Anstieg des Befristungsanteils.

Nach Einschätzung der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, sind befristete Jobs längst zur Normalität geworden. „Faktisch handelt es sich vielfach um eine verlängerte Probezeit“, sagt Zimmermann. Damit würden einst hart erkämpfte Arbeitsstandards unterlaufen und insbesondere jüngere Menschen verunsichert, die eine Familie gründen oder Wohneigentum erwerben wollten. „Deshalb müssen sachgrundlose Befristungen abgeschafft und Befristungen mit Sachgrund auf ein Mindestmaß reduziert werden“, forderte Zimmermann.

Im Grundsatz sollen Befristungen den Arbeitgebern die Einstellungen erleichtern, wenn der Bedarf an zusätzlichem Personal im Unternehmen zeitlich begrenzt oder aus wirtschaftlichen Gründen unsicher ist. Befristungen werden ebenfalls genutzt, wenn die Eignung des Neuzugangs unklar ist. Allerdings verleiten die Regelungen auch zum Missbrauch. Deshalb wollen Union und SPD sachgrundlose Befristungen, die häufig bei Neueinstellungen zum Zuge kommen, zumindest eindämmen. Nach ihrer Koalitionsvereinbarung sollen Betriebe mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Im Jahr 2013, aktuellere Daten liegen nicht vor, lag dieser Anteil bei 5,1 Prozent. Außerdem sollen Befristungen ohne sachlichen Grund künftig nur noch für 18 statt 24 Monate zulässig sein. Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der sachgrundlosen Befristungen auf diese Weise um etwa 400.000 verringern könnte. Wie das Bundesarbeitsministerium am Donnerstag auf Nachfrage erklärte, soll der entsprechende Gesetzentwurf in der ersten Hälfte des kommenden Jahres vorliegen.

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