Lehre Teilzeitausbildung ist bisher ein Flop

Berlin · Vor allem für alleinerziehende Frauen war die Teilzeitausbildung seinerzeit ins Leben gerufen worden. Doch sie wird kaum angenommen.

 Die Teilzeitausbildung wird derzeit kaum angenommen. Zuletzt ist die Zahl der Lehrstellen sogar noch einmal zurückgegangen. Vielen Betrieben ist sie zu kompliziert.

Die Teilzeitausbildung wird derzeit kaum angenommen. Zuletzt ist die Zahl der Lehrstellen sogar noch einmal zurückgegangen. Vielen Betrieben ist sie zu kompliziert.

Foto: picture-alliance/ dpa/Steffen Kugler

Für junge Mütter und Väter gibt es nach wie vor kaum Angebote für eine Teilzeitausbildung. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen einräumte, kam es im Jahr 2015 gerade einmal zu 2043 neu abgeschlos­senen Teilzeitausbildungen. Das waren lediglich 0,4 Prozent aller neuen Ausbildungsverträge.

„Familie und Ausbildung – wie können junge Eltern beides meistern? Eine Ausbildung in Teilzeit eröffnet ihnen diese Chance“. Mit diesem Slogan warb das Bundesbildungsministerium für diese besondere Form der Berufsausbildung. Doch in der Praxis tendiert die Chance dafür offenbar gegen Null. „Bedarf und Angebot klaffen extrem auseinander“, kritisierte die arbeitsmarktpo­litische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer.

Nach der von ihr angeforderten Datenübersicht, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt, waren im vergangenen Monat rund 124 500 Alleinerziehende ohne abgeschlossene Berufsausbildung arbeitslos. Der größte Teil von ihnen, nämlich gut 117 000, lebt von Hartz IV. „Sie alle sind potentielle Kandidaten für eine Teilzeitausbildung“, erläuterte Pothmer. Rein rechnerisch könnten mit den vorhandenen Angeboten aber gerade einmal 1,6 Prozent diese Gruppe versorgt werden – und das, obwohl die Ausbildung in Teilzeit schon seit dem Jahr 2005 im Berufsbildungsgesetz sowie in der Handwerksordnung verankert ist.

Nach den Daten der Bundesregierung ist die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge zuletzt sogar gesunken. Gab es im Jahr 2014 noch 2259 Neuabschlüsse, so waren es im Jahr darauf 216 weniger. Das ist ein Rückgang von 9,5 Prozent. Dabei hatte der „Pakt für Ausbildung“, eine Initiative von Bund, Ländern, Arbeitsagentur und Wirtschaft zur Fachkräftesicherung, noch im Jahr 2013 eine Erklärung veröffentlicht, wonach die Teilzeitausbildung verstärkt angeboten werden müsse, um den Betroffenen „die Grundlage für ein eigenständiges Leben unabhängig vom Hilfebezug“ zu eröffnen. In Wahrheit werde das Thema aber sträflich vernachlässigt, bemängelte Pothmer. In den Betrieben gelte die Teilzeitausbildung als kompliziert. Deshalb sollten die Industrie- und Handelskammern sowie die Arbeitsagenturen stärker auf die Unternehmen zugehen, so die Grünen-Politikerin. Die Wirtschaft müsse Alleinerziehenden ohne Berufsabschluss deutlich mehr Lehrstellen anbieten. Bei einer Ausbildung in Teilzeit vereinbaren die Lehrlinge und Betriebe eine reduzierte wöchentliche Ausbildungszeit. Diese soll sich flexibel an die betrieblichen Abläufe und die Bedürfnisse der Azubis anpassen. In Betracht dafür kommen Personen, die sich um ihr Kind oder einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmern. Aber auch eine Behinderung berechtigt zu einer Ausbildung in Teilzeit.

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