Stickerei und Fahnenfabrik Schwarz Die Stick-Profis aus Heusweiler

Heusweiler · In der Stickerei und Fahnenfabrik Schwarz herrscht gerade Hochbetrieb. Große Nachfrage kommt von den Narren.

 Ottilie Cäsar ist eine von vier Mitarbeiterinnen der Stickerei und Fahnenfabrik Schwarz. Die 63-Jährige ist ausgebildete „Textilkunstgestalterin in Nadelmalerei“.

Ottilie Cäsar ist eine von vier Mitarbeiterinnen der Stickerei und Fahnenfabrik Schwarz. Die 63-Jährige ist ausgebildete „Textilkunstgestalterin in Nadelmalerei“.

Foto: Rich Serra

Bevor die fünfte Jahreszeit so richtig losgeht und die Narren bis Aschermittwoch wieder das Zepter schwingen, herrscht in der kleinen Firma von Margarethe Schwarz im Heusweiler Ortsteil Niedersalbach Hochbetrieb. Denn die neuen Prinzen, Senatoren oder Elferratsmitglieder wollen stolz ihre jüngst erstandenen Karnevalsmützen tragen. In der Stickerei und Fahnenfabrik Schwarz nähen und besticken vier Mitarbeiterinnern diese reich verzierten Kopfbedeckungen. Jede Narrenzunft hat ihre eigene Farbkombination, bestimmt den Seidenstoff der Mützen, die Stickmuster und den Strassbesatz. Von der Stange gibt es nichts. „Allein für die Karnevalsvereine können wir mit 400 Vorlagen in zahllosen Varianten dienen“, erzählt Schwarz. Fast alle, die in der saarländischen Karnevalsszene Rang und Namen haben, zählt sie zu ihrer Kundschaft. „Aber auch die Pfälzer schätzen unsere Arbeit.“

Ein zweites Standbein sind Vereinsfahnen. Vor allem von den saarländische Bergmannsvereinen wird das kleine Unternehmen geschätzt, das in diesem Jahr 60 wird. Viele der liebevoll gestalteten und mit prächtigen Dekoren versehenen Fahnen, in denen sich der ganze Stolz des Berufsstandes widerspiegelt, stammen aus der Werkstatt von Margarethe Schwarz. Diese berufsständischen Kameradschaften, von denen viele schon im 19. Jahrhundert gegründet wurden, setzen selten auf Neues. Sie lassen lieber ihre Traditionsfahnen restaurieren, damit sie wieder in frischem Glanz erstrahlen. „Vorsichtig trennen wir die Motive von der alten Fahne ab, überarbeiten sie und sticken sie wieder auf den neuen Stoff“, erzählt Schwarz. „Das ist Handarbeitskunst.“ Sie ist zwar für den Verkauf und die Buchführung zuständig, aber als ausgebildete Schneiderin „habe ich auch gelernt, mit Stoffen umzugehen“.

Aber auch Musik-, Schützen- und Feuerwehrvereine oder etliche Kirchengemeinden greifen auf die Erfahrung der Stickprofis aus Heusweiler zurück, wenn sie neue Fahnen bestellen oder alte aufbessern wollen. „Die saarländischen Vereine halten uns die Treue. Sie gehören zu unseren Stammkunden“, sagt die 67-jährige Firmeninhaberin, die den Betrieb von ihrem verstorbenen Mann Martin Schwarz übernommen hat. Rund 4000 Adressen hat sie in ihrer Kundendatei.

Nicht ganz so einfach ist es mit der Kundenbindung, wenn sie Arbeitskleidung besticken soll – das dritte Standbein des Unternehmens. Zum Beispiel für einen Partyservice, dessen Mitarbeiter einheitliche T-Shirts mit Firmenlogo und ihrem Namen tragen sollen. „Hier ist die Konkurrenz im Internet riesengroß“, klagt sie. „Im Ausland werden oft Preise aufgerufen, bei denen wir nicht mithalten können.“ Dennoch sei der eine oder andere Kunde auch wieder zurückgekehrt, „weil die online bestellte Arbeitskleidung bei den Stickereien nicht in der gewünschten Qualität geliefert wurde“, erinnert sich Margarethe Schwarz. „Oder es wird mit einem günstigen Basispreis geworben, für jeden Extrawunsch wird aber ein Aufschlag verlangt.“

Vor gar nicht allzu langer Zeit war Schwarz noch Chefin über 50 Mitarbeiter. Diese waren bei der Schwesterfirma TVS beschäftigt. Mit dem saarländischen Baumarkt-Konzern Praktiker hatte sie einen Großkunden, für den sie die Berufskleidung seiner 20 000 Mitarbeiter in den Märkten mit Logos und Namen bestickte – und alle Fahnen, die vor den annähernd 440 Filialen wehten. Im Sommer 2013 war damit Schluss. Praktiker war insolvent. Sie musste den meisten Mitarbeitern kündigen. Vier Leute sind geblieben, die ihr die Treue halten.

Eine davon ist Ottilie Cäsar. Die 63-Jährige hat 1970 bei der Firma Schwarz ihre Lehre begonnen, demnächst geht sie dort in Rente. Beim Beruferaten wäre sie, die sich „Textilkunstgestalterin in Nadelmalerei“ nennen darf, eine richtig harte Nuss.

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