Musikfestspiele Sokolov setzt Glanzpunkt bei den Musikfestspielen

Saarbrücken · Es passiert selten, dass man sich bei einem Konzert wie ein Voyeur fühlt. Beim Auftritt des russischen Star-Pianisten Grigory Sokolov allerdings war genau das am Dienstag Abend in der Saarbrücker Congresshalle die Rolle der Zuschauer. Sokolovs Sonatenabend, der im Rahmen der Musikfestspiele Saar stattfand, war keine Darbietung für die Zuschauer, es war ein inniges Zwiegespräch zwischen ihm und der Musik. Und die Zuschauer durften daran teilhaben. Wenn Sokolov die Bühne betritt – steif, ohne jede Mimik – zeigt sich, wie wenig Aufmerksamkeit er dem Publikum beimisst. Ein kurzer Blick nach vorne, dann setzt er sich an den Flügel und scheint zu versinken.

Es passiert selten, dass man sich bei einem Konzert wie ein Voyeur fühlt. Beim Auftritt des russischen Star-Pianisten Grigory Sokolov allerdings war genau das am Dienstag Abend in der Saarbrücker Congresshalle die Rolle der Zuschauer. Sokolovs Sonatenabend, der im Rahmen der Musikfestspiele Saar stattfand, war keine Darbietung für die Zuschauer, es war ein inniges Zwiegespräch zwischen ihm und der Musik. Und die Zuschauer durften daran teilhaben. Wenn Sokolov die Bühne betritt – steif, ohne jede Mimik – zeigt sich, wie wenig Aufmerksamkeit er dem Publikum beimisst. Ein kurzer Blick nach vorne, dann setzt er sich an den Flügel  und scheint zu versinken.

Sonaten von Mozart und Beethoven standen auf dem Programm. Und schon bei der Eröffnung, der als „facile“ bekannten C-Dur-Sonate KV 545 von Wolfgang Amadeus Mozart, mochte manch ein Zuhörer an die eigenen Klavier-Anfänge gedacht haben. Doch einfach ist eben nicht einfach: Sokolow zeigt mit verspielter Leichtigkeit und kleinen eingestreuten Variationen, wie diese Sonate auch klingen kann.

Nach diesem fast schon leichten Einstieg dann eines von Mozarts wohl eindrücklichsten Klavierwerken – die Fantasie c-moll, KV 475. Bei dieser Improvisation präsentiert sich nicht der verspielte, sondern ein reifer Mozart. Reif geht auch Sokolow das Stück an: Hier zählt jeder einzelne Ton, wird ausgespielt, zum Klingen gebracht. Dramatisch gestaltet er den Weg durch die Tonarten, die der Fantasie auch den Beinamen „chromatische“ gegeben hat. Versunken erscheint Sokolov nun. Einzig die Musik ist noch präsent. Erst in der nachfolgenden Sonate c-Moll kehrt mit der strengeren Form auch die Realität zurück, gibt Halt, Leichtigkeit. Doch auch hier: kein Moment der Nachlässigkeit. Die leichten Einwürfe im Adagio haucht Sokolov quasi dahin, wärend die linke Hand die sangliche Melodie wie ein Gebet gestaltet.

Auch bei Beethoven liefert Sokolov Ungewöhnliches: Bei der e-moll-Sonate op. 90 setzt er die Anweisung „sehr singbar vorzutragen“ fast schon wörtlich um. Technik, Fragen, was auf dem Klavier möglich oder nicht möglich ist, all das scheint für diesen Pianisten nicht zu gelten. Das Klavier soll singen, wie eine menschliche Stimme? Warum nicht.

Die ganze Tiefe seines Spiels zeigt Sokolov dann bei Beethovens letzter Sonate op. 111 c-moll. In dieses Werk scheint Beethoven die ganze Tiefe menschlichen Empfindens hineingepackt zu haben. Sind es Schreie, die das Maestoso durchziehen oder Glockenklänge? Sokolov jedenfalls gibt diesem immer wiederkehrenden Motiv eine durchdringende Intensität. Und hält diese auch in der Arietta durch. Jeder Ton, jeder Akkord klingt hier aus, bevor Sokolov erneut anschlägt. Und doch verliert er nie den Anschluss. Ergreifender kann man dieses Stück kaum spielen. Und wenn Beethoven dann anschließend im Adagio der Hoffnung wieder Raum gibt, mit einer luftigen Melodie, die fast schon in Jazz-Elemente übergeht, schaltet Sokolov um auf spielerische Leichtigkeit, um dann letztlich in einem nahezu weltfremden Pianissimo zu schließen.

Dass es in der früheren Aufführungspraxis üblich war, nach dieser Sonate weder zu klatschen, noch Zugaben zu präsentieren, hat Sinn. So aufwühlend ist Beethovens Musik, dass dieser Zauber kaum noch eine Zugabe zulässt. Sokolov spielt sie trotzdem. Meisterhaft. Ein bisschen Schubert, ein bisschen Schumann und vor allem Chopin. Aber ein wenig fühlt es sich an, wie Süßigkeiten nach einem exquisiten Essen, wenn sie die Geschmackssensationen des Hauptgangs überdecken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort