Wirbel um Lafontaine-Vorschlag zur Enteignung Staatsrechtler verwirft Enteignungsforderung

Saarbrücken · Staatsrechtler Christoph Gröpl hält die Forderung Lafontaines nach einer Enteignung von Halberg Guss für abwegig. Das sei juristisch nicht möglich.

 Die Beschäftigten der Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss  streiken seit drei Wochen in Leipzig und Saarbrücken.

Die Beschäftigten der Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss  streiken seit drei Wochen in Leipzig und Saarbrücken.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der Saarbrücker Staatsrechtler Christoph Gröpl hält die Forderung des Linken-Politikers Oskar Lafontaine, die Saarbrücker Motorblock-Gießerei Neue Halberg Guss (NHG) ihrer Muttergesellschaft Prevent wegzunehmen und zu enteignen, für einen „Popanz“. Eine Enteignung „ist nur zur staatlichen Güterbeschaffung zulässig und scheidet deshalb hier von vornherein aus“. Eine Sozialisierung von Produktionsmitteln habe es unter dem Grundgesetz – aus guten Gründen – noch nicht gegeben, auch weil die Voraussetzungen dafür sehr hoch lägen. „Sehr fraglich ist bereits, ob ein einzelnes Unternehmen überhaupt als Produktionsmittel angesehen und damit sozialisiert werden darf“, meint Gröpl.

Darüber hinaus müsse die Sozialisierung dem Gemeinwohl dienen. Die geschichtlichen Erfahrungen „haben aber sattsam bewiesen, das eine Staatswirtschaft Arbeitsplätze erst recht nicht garantieren kann“. Als entscheidende Voraussetzung gebe das Grundgesetz die Zahlung einer Entschädigung vor, die „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“ zu bestimmen sei. Wie beim „Atomausstieg“ gesehen, könnten solche Summen „leicht in schwindelerregende Höhen gehen und die finanziellen Möglichkeiten des Staates übersteigen“, meint der Staatsrechtler.

Zudem müsste das Parlament dazu ein spezifisches Gesetz verabschieden, das angesichts der Mehrheitsverhältnisse zum Glück nicht in Sicht sei, erinnert Gröpl. Im Übrigen stehe den Betroffenen gegen die „Sozialisierung der Weg zu den Gerichten offen, den sie mit großer Aussicht auf Erfolg beschreiten könnten“.

Auch die CDU-Landtagsabgeordneten Sarah Gillen und Marc Speicher kritisieren die Enteignungsforderung des Vorsitzenden der Linksfraktion im Saar-Parlament. Der Vorstoß Lafontaines „hilft in der jetzigen Situation niemandem weiter und ist untauglich für die Rettung der Neuen Halberg Guss“, teilten sie mit. Es bringe nichts, den Eindruck zu erwecken, eine Enteignung sei möglich, geschweige denn überhaupt anzustreben. Es gehe nicht um die schnelle Schlagzeile, „sondern um eine langfristige und tragfähige Lösung für die NHG“, so die CDU-Abgeordneten.

Unterdessen hat die Gewerkschaft IG Metall auf den jüngsten Mitarbeiter-Brief der NHG-Geschäftsführung reagiert und diesen harsch kritisiert (wir berichteten). Er enthalte nach Angaben des 1. Bevollmächtigten der IG-Metall-Verwaltungsstelle Saarbrücken, Hans Peter Kurtz, unwahre Behauptungen. Falsch sei, dass die Geschäftsführung keinen Ansprechpartner mehr gehabt habe, nachdem der 2. Bevollmächtigte Patrick Selzer in Urlaub gegangen sei. „Tatsache ist, dass NHG die Verhandlungen abgebrochen hat und keinen Kontakt mehr zur IG Metall aufgenommen hat“, schreibt Kurtz in einer Stellungnahme. Er habe NHG-Geschäftsführer Alexander Gerstung mitgeteilt, dass er jetzt der Gesprächspartner sei.

Am NHG-Standort in Saarbrücken-Brebach sei es bei den Blockaden „weder zur Nötigung noch zu Bedrohungen“ gekommen. Die Polizei sei bei allen Aktionen dabei gewesen und hätte auch eingegriffen. „Unsere Streikposten sind immer der Anweisung der Polizei gefolgt, die Blockade zu beenden“, schreibt Kurtz.

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