Umbau eines Industriekonzerns Siemens streicht 6900 Jobs und schließt Werke

München · Siemens-Chef Kaeser will im Kraftwerks- und Antriebsgeschäft massiv sparen. Ärger ist programmiert.

 Siemens will sich weitgehend aus dem Kraftwerksbereich zurückziehen. Unser Bild zeigt einen Dampfturbinenrotor für ein Gaskraftwerk.

Siemens will sich weitgehend aus dem Kraftwerksbereich zurückziehen. Unser Bild zeigt einen Dampfturbinenrotor für ein Gaskraftwerk.

Foto: dpa/Daniel Karmann

() Milliardengewinne und zugleich drastischer Stellenabbau: Der Elektrokonzern Siemens will wegen schlechter Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik weltweit rund 6900 Jobs streichen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Zwei Standorte im sächsischen Görlitz und in Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen sicher geschlossen werden. Stark bedroht ist auch Offenbach, wo 700 Beschäftigte Kraftwerke planen und bauen. Dieser Bereich soll künftig in Erlangen gebündelt werden. Vor allem dass Siemens betriebsbedingte Kündigungen zwar möglichst vermeiden will, aber nicht ausschließt, erzürnt die Arbeitnehmervertreter. Sie sehen darin einen Bruch des Pakts zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Ihre Befürchtung: Damit könnte sich die Siemens-Führung über kurz oder lang auch den Weg für künftige Abbaumaßnahmen ebnen. Mit den Streichplänen stutzt Kaeser derweil zwei Sparten zurecht, die bis heute den industriellen Kern des Elektrokonzerns bilden. Schon zu Zeiten des Firmengründers Werner von Siemens gehörte die Elektrifizierung zu den wichtigsten Geschäftsfeldern. Seither durchlief das Unternehmen eine stetige Transformation mit Zu- und Verkäufen, Börsengängen und Gründungen von Joint Ventures.

In Kaesers Amtszeit hat sich dieser Wandel eher noch beschleunigt. Er gab den Siemens-Anteil am Hausgerätehersteller BSH an den Partner Bosch ab, kaufte den US-Kompressorenhersteller Dresser-Rand und den Industriesoftware-Spezialisten Mentor Graphics, brachte das Windturbinengeschäft mit der spanischen Gamesa zusammen und hat für das Zuggeschäft den französischen Konkurrenten Alstom als Partner gefunden. Als nächstes soll das bereits verselbstständigte Medizintechnik-Geschäft von Siemens an die Börse.

Warum diese Umtriebigkeit? Kaeser macht keinen Hehl daraus, dass er den breit aufgestellten Mischkonzern nicht mehr zeitgemäß findet. Eine Interview-Aussage des Siemens-Lenkers im Februar dieses Jahres ließ aufhorchen: „Heute sind wir ein einzelner Tanker, wir müssen zu einem koordinierten und leistungsfähigen Flottenverband werden“, erklärte Kaeser damals.

Zumal es irgendwo auf der Welt immer Gegenwind für eine der vielen Sparten in dem bisher weit verzweigten Konzern gibt – ob durch konjunkturelle Schwankungen, regionale Marktverschiebungen oder regulatorische Eingriffe. Die Kraftwerkssparte selbst ist dafür das beste Beispiel. Auch der Boom der erneuerbaren Energien hatte die Nachfrage nach großen Gasturbinen einbrechen lassen. Preisverfall und Überkapazitäten sind die Folge, die nicht nur Siemens, sondern auch der US-Rivale General Electric zu spüren bekommt. „Es brennt lichterloh auf dem Markt. Wir müssen schnell reagieren“, sagt Personalchefin Janina Kugel. Probleme bereitete auch der Ölpreisverfall, der Dresser-Rand zum teuren Fehlkauf machte.

(dpa)
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