Massen-Entlassungen bei Siemens Siemens-Chef Kaeser kontert Schulz-Kritik

Berlin/München · Angesichts der Massenentlassungen bei Siemens hat sich auch SPD-Chef Schulz zu Wort gemeldet. Siemens-Chef Kaeser hält die Kritik für unangemessen.

SPD-Chef Martin Schulz hat den geplanten Stellenabbau bei Siemens mit scharfen Worten kritisiert. Volkswirtschaftlich irrsinnig und verantwortungslos nannte der die Streichung tausender hoch qualifizierter Jobs vor rund 2000 Demonstranten in Berlin. „Dass durch Arbeitsplatzabbau die Effizienz des Unternehmens gesteigert wird, heißt übersetzt: Damit wir noch ein bisschen mehr Gewinn machen, schmeißen wir die Leute raus. Das ist asozial“, sagte Schulz. Siemens-Chef Joe Kaeser wies den Vorwurf zurück.

Am Rande der Kundgebung räumte Schulz ein, die Politik könne nicht direkt auf Siemens einwirken. „Ich kann den Unternehmen nicht auferlegen, dass sie Arbeitsplätze erhalten müssen“, sagte Schulz. „Ich kann Siemens nicht zwingen.“ Der Konzern müsse sich aber den Fragen der Politik stellen. „Man kann Siemens schon noch mal darin erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland ein großer Auftraggeber ist.“

Kaeser weist die Kritik in einem offenen Brief zurück. Vor allem bezieht er sich auf zuvor geäußerte Vorwürfe von Schulz, die Mitarbeiter müssten für „Managementfehler“ bluten, das Unternehmen sei „Staatsprofiteur“, die Manager „verantwortungslos“. „Unser Haus hat allein in den letzten fünf Jahren über 20 Milliarden Euro an Steuern, Abgaben und Sozialversicherungen an den deutschen Staat überwiesen“, schreibt Kaeser. Dazu kämen noch einmal 3,5 Milliarden Kapitalertragssteuer. Diese Fakten sollten Anreiz sein, „nochmals über die Definition von Staatsprofiteuren nachzudenken“.

Auch stellt er die Frage, welche Managementfehler Schulz im Energieerzeugungsgeschäft konkret sehe. Denn vor allem durch die „in der Sache richtigen, aber in Ausführung und Timing höchst unglücklichen umgesetzten Energiewende“, seien im Energiebereich Wettbewerbsnachteile entstanden angesichts derer es kaum noch möglich sei „unsere Fabriken auszulasten und Beschäftigung zu sichern.“

Aufgrund der Probleme in der Kraftwerkssparte – „in Deutschland gibt es kaum mehr Nachfrage für Gas- und Kohlekraftwerke“, schreibt Kaeser – gelte es, nun strategisch umzusteuern. In Deutschland würden in der Kraftwerkssparte durch den Strukturwandel hin zu Erneuerbaren Energien in den kommenden zwei bis fünf Jahren 2900 Arbeitsplätze verloren gehen. Umgekehrt würden aber im gleichen Zeitraum 16 000 Mitarbeiter neu eingestellt. Mit entsprechender Qualifizierung, für die Siemens 500 Millionen Euro investiere, würde „hoffentlich möglichst vielen der Betroffenen eine Perspektive“ gegeben.

„Sie werfen uns verantwortungsloses Management vor. Damit müssen wir umgehen“, schreibt Kaeser. „Aber vielleicht sollten Sie sich dabei auch überlegen, wer wirklich verantwortungslos handelt. Diejenigen, die absehbare Strukturprobleme proaktiv angehen und nach langfristigen Lösungen suchen, oder diejenigen, die sich der Verantwortung und dem Dialog entziehen.“

Siemens hatte angekündigt, weltweit 6900 Stellen in der Kraftwerkssparte abzubauen – einen Großteil davon in Deutschland. Im Saarland ist das Siemens-Werk in St. Ingbert betroffen. Auch Linken-Politiker Oskar-Lafontaine kritisiert den Konzern. Bei einem Milliarden-Konzerngewinn müssten Massenentlassungen gesetzlich verboten werden, fordert er.

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