Einzelhandel Saarland beim fairen Handel vorne dabei

Saarbrücken · Das Saarland will ein Zeichen setzen. Produkte aus alternativem Einkauf sollen eine Chance bekommen. Doch nicht alle sind glücklich damit.

 Kaffee, Kakao, Schmuck oder Keramik aus fairem Handel fristen immer noch ein Nischendasein. Wenn es nach dem  Willen der Saar-Regierung geht, soll sich das in der Region ändern.

Kaffee, Kakao, Schmuck oder Keramik aus fairem Handel fristen immer noch ein Nischendasein. Wenn es nach dem Willen der Saar-Regierung geht, soll sich das in der Region ändern.

Foto: dpa/Miriam Ersch

Schokolade aus Österreich, Schmuck aus Kolumbien, Keramik aus Südafrika: So abwechslungsreich das Sortiment von La Tienda in Saarlouis auf den ersten Blick scheint, haben die Artikel in dem Weltladen doch alle eins gemeinsam. Sie stammen aus fairem Handel – und die Nachfrage nach solchen Produkten steigt. „Viele Leute kommen, weil sie bewusst fair gehandelt kaufen wollen“, erläutert Margrit Schu vom Trägerverein.

La Tienda ist nicht das einzige Geschäft im Saarland, das Produkte aus fairem Handel anbietet. Tatsächlich spielt dieses Thema gleich an mehreren Orten eine große Rolle: Sechs Städte im Saarland sind bereits Fairtrade-­Towns, darunter Saarbrücken und Saarlouis. Darüber hinaus tragen zwei Landkreise, zehn Schulen sowie die Saar-Uni und die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) eine Auszeichnung des Vereins Transfair. Gemeinsam mit Transfair soll das Thema fairer Handel nun noch einen Schritt weiter gehen: Das Saarland soll das erste faire Bundesland werden.

Der erste Schritt dazu ist bereits getan: Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, den fairen Handel zu unterstützen. „Wir haben mit fairer und nachhaltiger Beschaffung begonnen sowie globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung vorbildlich vorangebracht“, heißt es dort. Diesen Weg wolle die Landesregierung weitergehen und somit das Saarland zum ersten fairen Bundesland machen. Angeregt hat dieses neue Siegel Fleurance Laroppe von der Fairtrade-Initiative Saarland (FIS). Die Hauptaufgabe der Initiative ist es, das Thema Fair Trade für die Bevölkerung sichtbarer zu machen. „Mensch-zu-Mensch-Kommunikation ist das A und O“, betont Laroppe.

Dass sich viele Menschen im Saarland beteiligen, ist erforderlich. Denn die Grundvoraussetzung für das neue Siegel „faires Bundesland“ ist, dass die Hälfte aller 52  Kommunen – also 26 – im Saarland Fairtrade-Towns sind. Die Landkreise dürften nicht mitgezählt werden, heißt es vonseiten des Bildungsministeriums, doch neben den sechs bereits ausgezeichneten Kommunen seien bereits weitere auf dem Weg.

Damit eine Stadt zur Fairtrade-­Stadt wird, müssen Einzelhandel und Gastronomie genauso wie öffentliche Einrichtungen Produkte aus fairem Handel anbieten beziehungsweise verwenden. Geschäfte und Gastronomie müssten jeweils zwei entsprechende Artikel führen, erläutert Laroppe. Die Geschäfte seien dieser Vorgabe gegenüber grundsätzlich offen, sagt sie, doch gerade bei kleineren Geschäften sei es schwierig, sie an diesen Punkt zu bringen.

Sowohl im Bildungsministerium als auch im Umweltministerium würden bereits Produkte aus fairem Handel verwendet, heißt es vonseiten des Bildungsministeriums weiter. Dazu gehören Kaffee, Kakao, Tee, Zucker und Säfte. Geplant sei weiterhin ein Fair-o-mat, der allen Mitarbeitern fair gehandelte Getränke bereitstellt, sowie im Bildungsministerium ein Snack-Automat mit fair gehandelten Süßigkeiten. Der Beschluss der Landesregierung beinhalte, dass in allen Ministerien mindestens zwei Produkte aus fairem Handel verwendet werden sollen.

Das Vorhaben der Landesregierung, aus dem Saarland ein faires Bundesland zu machen, findet auch die Zustimmung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sowie der Aktion 3. Welt Saar. Die Zusammenarbeit mit Transfair lehnen die beiden jedoch ab, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung bekanntgaben. Der Grund dafür sei, dass die Vorgaben von Transfair so lasch seien, dass man schnell in eine gewerkschaftsfeindliche Schiene hineinrutsche, erklärt Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar. Transfair vergebe seine Fairtrade-Siegel unter anderem an Unternehmen wie Lidl und Starbucks, was nach Ansicht der Initiative „Greenwashing“ sei – das Unternehmen erhalte also ein verantwortungsbewusstes Image, ohne viel dafür zu tun. „Auf Dauer erkauft man sich eine fairere Welt mit unfairen Arbeitsbedingungen“, kritisiert Röder. Als Alternative sehe er die Zusammenarbeit mit Organisationen wie Gepa und El Puente, da deren Standards höher seien als die von Transfair.

Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen schließt die Landesregierung nicht aus. Es bleibe jedoch immer im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweiligen Marker den geforderten Standards entsprechen, heißt es. Die grundsätzliche Kritik an Transfair kann Laroppe teilweise nachvollziehen. Fairer Handel müsse aber an den Orten sein, an denen die Menschen seien. Und das seien eben auch Discounter wie beispielsweise Lidl.

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