Erneuerbare Energie Saarländer machen in Afrika Sonne und Wind zu Strom

Saarbrücken/Dschibuti · Ein Entwicklungshilfe-Projekt der Saar-Handwerkskammer soll helfen, die Ausbildung in Dschibuti zum Laufen zu bringen.

 Mit Hilfe saarländischer Fachleute errichteten Berufsschüler in Dschibuti ein Windrad und Photovoltaik-Anlagen.

Mit Hilfe saarländischer Fachleute errichteten Berufsschüler in Dschibuti ein Windrad und Photovoltaik-Anlagen.

Foto: Handwerkskammer Saarland

Menschen in ärmeren Ländern eine gute Ausbildung und damit die Chance auf einen Arbeitsplatz zu ermöglichen, um damit eine Ursache der Flüchtlingsströme zu bekämpfen: Das sind die Ziele, die das Saar-Handwerk und das Saar-Lor-Lux-Umweltzentrum im ostafrikanischen Dschibuti verfolgen. Seit fast sechs Jahren leisten sie dort mit einem Projekt, das das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert, Hilfe zur Selbsthilfe.

Zu Beginn des Projektes im Jahr 2011 gab es für die Mitarbeiter des Umweltzentrums viel zu tun. Mit Hilfe von Lehrern und Schülern der Berufsschule vor Ort, die noch nie etwas von Photovoltaik gehört haben, hat Projektkoordinator Ralph Matschinsky die erste Photovoltaik-Anlage des Landes auf dem Dach der Berufsschule aufgebaut. „Die Schüler und Lehrer haben ohne Bezahlung, während des Ramadan und bei über 40 Grad freiwillig an diesem Projekt gearbeitet, um dabei etwas zu lernen“, sagt Matschinsky. Die Berufsschule in Dschibuti wird seitdem mit selbst produziertem Strom versorgt und ist nicht mehr vom dortigen Dieselkraftwerk abhängig. Auch ein Windrad wurde errichtet. Das war aber nur der Anfang. Schüler und Lehrer wurden in der Handwerkstechnik rund um die erneuerbaren Energien ausgebildet, die Berufseinrichtungen saniert und eine mobile Schulungseinheit eingerichtet, um auch entlegene Dörfer erreichen zu können. Sie haben Straßenlaternen mit Photovoltaik ausgestattet – oftmals das einzige Licht, das Abends in Dörfern brennt – und kleinere Anlagen in Vorstädten errichtet, sagt Matschinky. „In vielen Regionen Dschibutis ist es nachts stockdunkel. Nirgends brennt Licht“, fügt Hans-Ulrich Thalhofer, Geschäftsführer des Saar-Lor-Lux-Umweltzentrums in Saarbrücken, hinzu.

Generell habe das Handwerk in Afrika ein sehr schlechtes Image: „Für viele ist ein handwerklicher Beruf die allerletzte Lösung, wenn sonst nichts mehr geht“, sagt Farid El Bechkaoui, Mitarbeiter in der Entwicklungszusammenarbeit des Umweltzentrums. Dementsprechend würde auch ein handwerklicher Betrieb in Dschibuti aussehen: „Ein KFZ-Meister oder ein Elektriker hat oftmals nur eine Tasche mit Werkzeug zu Hause. Das ist dann der Betrieb“, sagt Matschinsky. Um die Ausbildung der Fachkräfte vor Ort ist es sehr schlecht bestellt, bestätigt auch Thalhofer: „In Dschibuti gibt es keine praxisnahe Ausbildung, nur Theorie.“ Das Umweltzentrum möchte diesen Zustand dringend ändern und mehr duale Elemente in die Ausbildung integrieren. Dazu wollen sie die Privatwirtschaft stärker in das Projekt einbeziehen und diese an die Schulen binden, sagt er weiter.

Dieses Land zu unterstützen, sei auch dringend notwendig, erläutert Matschinky. Mit einer Jugendarbeitslosenquote von etwa 60 Prozent, kaum ausgebildeten Fachkräften, etwa 27 000 Flüchtlingen aus dem Jemen und Äthiopien und einer fast menschenfeindlichen Landschaft zählt Dschibuti zu den ärmsten Ländern Afrikas.

Seit 2011 ist auch Installateur- und Heizungsbaumeister Stefan Ollinger aus Mettlach regelmäßig in Dschibuti, um dort Handwerker zu schulen und ihnen zu erklären, wie man eine Photovoltaik-Anlage pflegt und reinigt. Er musste sich erst einmal an die Hitze, den Tagesrhythmus und die unterschiedliche Mentalität gewöhnen. Aber nicht nur die hohen Temperaturen sind ein Problem, sondern auch die sehr schlechte Qualität der Arbeitswerkstoffe. „Die billigen und qualitativ schlechten Materialien kommen aus China. Das Zeug würde in Europa nie zugelassen“, sagt Ollinger. Dies sei nicht nur schlecht für den Arbeitsmarkt, sondern auch für die Haltbarkeit der Anlagen vor Ort. „Bei Temperaturen über 40 Grad im Sommer, Wind und Sand muss die Technik dort viel aushalten“, sagt Matschinsky. Derzeit seien etwa 150 Berufsabsolventen in Dschibuti in der Lage, Photovoltaik-Anlagen zu installieren. „Die Nachfrage nach den Anlagen steigt stetig. Nicht nur in der Politik und Industrie, auch Privathaushalte sind daran interessiert“, sagt Thalhofer. Innerhalb von nur sechs Jahren die Arbeitslosenzahlen zu senken oder eine tiefgreifende Verbesserung des Handwerkimages zu erhalten, seien niemals praktisch umsetzbare Ziele gewesen, sagt Thalhofer.

Doch Ende dieses Jahres läuft das Projekt aus. Geschäftsführer Thalhofer und Projektdirektor Matschinsky sind davon überzeugt, dass sechs Jahre für ein Entwicklungsprojekt viel zu kurz sind. „Sechs Jahre sind nicht effizient genug, wir müssen in größeren Maßstäben denken“, sagt Matschinsky. Damit die aufgebauten Strukturen und Erfolge vor Ort nicht zusammenbrechen, plant die deutsche Entwicklungshilfe  nun ein neues Projekt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), sagt eine Sprecherin des BMZ. Dieses soll auf die derzeitigen Ergebnisse in Dschibuti aufbauen und im nächsten Jahr beginnen, heißt es.

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