Rückkehr Peter Hartz meldet sich zurück

Berlin · Der Ex-Regierungsberater von Alt-Kanzler Gerhard Schröder will mit neuen Vorschlägen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa verringern.

 Der Saarländer Peter Hartz war gestern Gast der Bundespressekonferenz in Berlin. Foto: dpa

Der Saarländer Peter Hartz war gestern Gast der Bundespressekonferenz in Berlin. Foto: dpa

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Viele Menschen dürften ihn wohl immer noch hassen: Peter Hartz. Der Namenspatron der ebenso umstrittenen wie erfolgreichen Arbeitsmarktreform unter dem früheren SPD-Kanzler Gerhard Schröder ist in Deutschland zum Synonym für Sozialabbau und angebliche Massenverelendung geworden.

Gestern meldete sich der inzwischen 75-jährige Saarländer auf der Berliner Bühne zurück. Das hat den mittlerweile eher medienscheuen Ex-Manager einige Zeit und Überwindung gekostet. Doch ihn treibt ein Übel um, das in mittlerweile ganz Europa immer heftigere Auswirkungen hervorruft: die Jugendarbeitslosigkeit. Zu deren Bekämpfung hat er erstmals schon im Jahr 2014 zahlreiche Experten aus 24 Ländern und über 500 Teilnehmer zu einem Kongress nach Saarbrücken eingeladen. Nun ist er mit seinen Vorschlägen auch auf der großen Bühne in Berlin präsent und peilt mit einem neuen Programm die Rettung des europäischen Arbeitsmarktes an.

Viele in Berlin erinnern sich noch gut an seinen ersten großen Auftritt im Sommer 2002. Damals erläutere er vor 500 geladenen Gästen seine Vorstellungen einer heilen Arbeitswelt. Auch nicht irgendwo, sondern im Französischen Dom am Gendarmenmarkt. Auf großen Bildschirmen wurden damals Grafiken und Zahlenkolonnen präsentiert. Davor saßen feierlich aufgereiht die Mitglieder der nach ihm benannten Experten-Kommission. Anschließend wurde der 348 Seiten starke Reform-Bericht mit dem scheinbar unverfänglichen Titel "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" unter den Anwesenden verteilt - samt CD.

Gemessen an diesem bombastischen Szenario wirkte der Auftritt des früheren VW-Personalvorstands gestern vor der Bundespressekonferenz geradezu bescheiden. Es gab weder gedruckte Papiere, noch sekundierende Experten.

An großem Pathos dagegen herrschte erneut kein Mangel. Genauso wie damals, als Hartz verkündete, "die Zukunft für zwei Millionen Arbeitslose konzipiert" zu haben. Diesmal geht es dem Visionär vor allem um die rund fünf Millionen jungen Arbeitslosen in der EU, bei denen man "sofort handeln" müsse. Und der "Antrieb", so Hartz, sei der gleiche wie vor 15 Jahren, nämlich "Artikel 1 des Grundgesetzes, nach dem die Würde des Menschen unantastbar ist".

Schon die Hartz-Pläne von 2002 lebten in einer eigenen Begriffswelt. Es gab "Innovationsmodule", die "Ich-AG" und "Personal-Service-Agenturen" sowie "Quick-Vermittlung" oder "Job-Floater". Das allermeiste davon ist längst vergessen. Auch das neue Konzept enthält wieder zahlreiche verbale Neuschöpfungen. Es geht um "Minipreneure" und "Talentdiagnostik". Ein "Beschäftigungsradar" soll potenzielle Jobs aufspüren, derweil sollen Langzeitarbeitslose auch mit Hilfe ehemaliger Erwerbsloser wieder für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden.

Im Saarland laufen zu den Vorschlägen schon seit einigen Jahren Modellversuche. Bundesweit habe man jedoch bisher keine Mitstreiter gefunden. Auch dem scheidenden französischen Staatspräsidenten François Hollande seien die Vorschläge vorgestellt worden. Wenn sein Nachfolger Emmanuel Macron sie aufgreife, könne daraus ein "deutsch-französisches Projekt" werden, das auch für andere EU-Länder beispielhaft wirke. Dass er von der Bundesregierung in Sachen Arbeitsmarktpolitik erneut zurate gezogen werden könnte, hielt Hartz auf Nachfrage für unwahrscheinlich. Mit etwas Bescheidenheit fügte er hinzu: "In meinem Alter brauchen Sie keine Karriere mehr zu machen."

Zum Thema:

Hartz-Projekt gegen Jugendarbeitslosigkeit Das Projekt Europatriates gegen Jugendarbeitslosigkeit in Europa hat der frühere Regierungsberater und VW-Personalchef Peter Hartz erstmals vor drei Jahren auf einem Kongress in Saarbrücken vorgestellt. Ziel ist, die Talente arbeitsloser Jugendlicher gezielt zu fördern und länderübergreifend in eine berufliche Ausbildung zu bringen. Bis zu 40 000 Euro pro Person kalkulierte Hartz damals für die Förderung. Rund 200 Milliarden Euro würden EU-weit gebraucht. Dafür regte Hartz ein Ausbildungszeit-Wertpapier an, einen Fonds, aufgelegt von der Europäischen Investitionsbank (EIB) und offen für jeden interessierten Anleger. Mehrere internationale Pilotprojekte sind in den vergangenen Jahren gelaufen. "Wir beweisen damit, dass es funktioniert", sagte Hartz. (mzt)

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