Flüchtlinge als Unternehmer Online-Shop spezialisiert sich auf syrische Waren

Dudweiler · Der saarländische Internet-Shop Dsaar ermöglicht es syrischen Menschen in Deutschland, Waren aus ihrer Heimat zu kaufen

 Konrad Schäfer, Anas Alakkad, Kutaiba Al Hassoun und Firas Abou Kuba (l-r) haben mit Dsaar.de einen Onlineshop mit Lebensmitteln und künftig auch Babykleidung aus Syrien gestartet.

Konrad Schäfer, Anas Alakkad, Kutaiba Al Hassoun und Firas Abou Kuba (l-r) haben mit Dsaar.de einen Onlineshop mit Lebensmitteln und künftig auch Babykleidung aus Syrien gestartet.

Foto: Oliver Dietze

Sechs Monate hatte Firas Abou Kuba gekämpft. Als Anwaltsgehilfe wollte der syrische Jurist versuchen, in seinem alten Job auch in Deutschland zu arbeiten. „Doch dann habe ich festgestellt, dass das ohne perfektes Deutsch nicht geht“, sagt Kuba. „Also musste ich eine andere Idee entwickeln.“ Und die andere Idee kam schlicht dadurch, dass er und seine Frau sich klar gemacht haben, dass eine Million Syrer nach Deutschland gekommen sind. Eine Million Menschen, die durch die Flucht ihre gewohnte Umgebung verloren und sich in einer neuen Welt zurechtfinden müssen „Die Idee war es, dass wir ihnen ermöglichen, typische Waren aus der Heimat zu kaufen“, sagt Kuba.

Grundsätzlich ist es zwar in Deutschland möglich, viele Waren auch aus dem arabischen Raum in spezialisierten Geschäften zu kaufen. Doch die gibt es meist nur in größeren Städten. „Viele der Flüchtlinge leben aber auf dem Land und haben deshalb keine Möglichkeit, sie einzukaufen“, sagt Kuba. Sein Konzept: Ein Online-Shop speziell mit syrischen Waren.

Seit August ist die Idee Realität – und Dsaar hat sich bereits etabliert. Neben Firas besteht das Team des neuen Startups aus Anas Alakkad, Kutaiba Al Hassoun und Konrad Schäfer. Al Hassoun, ehemaliger Journalist, ist unter anderem für das Marketing zuständig, Alakkad hat über das Textilunternehmen seiner Familie bei Damaskus mit Babykleidung eine neue Produktlinie eingebracht, und Schäfer ist unter anderem für die deutschen Texte auf der mehrsprachigen Website zuständig.

Dsaar ist eines der Gründungsprojekte, das in dem Projekt Perspektive Neustart an den Start gebracht worden ist. Perspektive Neustart ist ein Programm der htw-Tochter Fitt, Migris und der Schöpflin-Stiftung, das über ein Jahr Flüchtlinge mit Gründungsideen auf ihre unternehmerische Selbstständigkeit vorbereitet. Kurse in Steuerrecht und Buchführung gehören ebenso dazu wie Marketing und das Erstellen eines Business-Plans.

„Anfangs hatte ich noch gedacht, dass ich dort nichts lernen kann“, sagt Kuba rückblickend. Doch das habe sich schnell geändert. „Schon ab dem zweiten Modul gab es viel Neues für mich.“ Großartig sei es, dass solch ein Projekt im kleinen Saarland stattfinde. „Die Unterstützung hier im Land ist wirklich sehr gut.“

Das Dsaar-Team hat sich eher zufällig kennengelernt. Kuba und Al Hassoun waren nach der Ankunft im Saarland im gleichen Ort untergebracht. Alakkad wiederum wollte eigentlich in Deutschland sein Medizinstudium fortsetzen – aktuell arbeitet er auch noch als Rettungssanitäter – und war dann wegen einer Geschäftsidee als Gasthörer bei Perspektive Neustart dabei. „Es war Zufall“, sagen die drei. Ebenso die Begegnung mit dem Deutschen Konrad Schäfer, der Firas Abou Kuba im Bus angesprochen hatte und sich dann über die gemeinsame Leidenschaft Gitarre mit dem jungen Syrer anfreundete.

Olivenöl, Tahini-Paste, Gewürze. Anfangs war das Angebot des Online-Shops noch sehr übersichtlich. „Wir wollten klein anfangen und dann nach und nach wachsen“, sagt Kuba. Die ersten Gehversuche hat Dsaar auf einer gemieteten Shop-Plattform gemacht. Nun bauen die Jung-Unternehmer mit einer offenen Software einen neuen Internet-Shop, wollen nächstens damit umziehen. Und das Portfolio nach und nach erweitern. „Es kommen ständig neue Produkte dazu“, sagt Alakkad.

Mit Nahrungsmitteln und Gewürzen ist Dsaar gestartet. Jetzt kommt mit Babykleidung ein weiterer großer Bereich dazu. „In Syrien haben wir bestimmte Babyprodukte, die es in Deutschland so nicht gibt“, sagt Alakkad. Wie beispielsweise eine Bauchbinde für Babys, die diese zusätzlich warm hält. Seine Familie produziert in Syrien bereits seit 20 Jahren hochwertige Babykleidung, Dsaar kann auf diese Erfahrung nun zurückgreifen.

Noch kann der Shop das Team nicht komplett ernähren. Zwischen zwei und acht Pakete pro Tag gehen bei Dsaar raus. Aber das, betont Kuba, liege noch voll im Business-Plan. Über 110 arabische Kunden hat das Unternehmen demnach aktuell, die regelmäßig bestellen, gut 100 Kunden aus Deutschland hätten auch schon bestellt, teilweise aber auch nur aus Neugierde. Doch es würden ständig mehr Kunden.

Wie geht es weiter? Mit Wachstum und immer neuen Produkten. „Wir machen Werbung im Internet und in den sozialen Medien“, sagt Kuba. Und der neue Shop soll dann auch über die großen Marktplätze wie Amazon und Ebay zu erreichen sein. „Im Internet geht Wachstum sehr schnell“, sagt Alakkad. Wann sie vom Shop leben können wollen? „Im August. So steht es im Business-Plan“, sagt Kuba.

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