NGG kritisiert Arbeitszeitverstöße

Saarbrücken · Die Gewerkschaft moniert häufige Überstunden im Gastgewerbe trotz flexibler Zeitmodelle.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) moniert anhaltende Probleme bei der Arbeitszeit im Gastgewerbe. "Es gibt einfach noch immer zahlreiche Betriebe, die gegen die geltenden Regeln verstoßen", sagt Mark Baumeister, Geschäftsführer der Gewerkschaft.

Erst jüngst hatte die NGG das Beispiel eines neu gegründeten Restaurants öffentlich gemacht, in dem die Service-Leiterin eigenen Aussagen zufolge über Monate Überstunden geleistet hat, ohne diese vergütet zu bekommen. Mehrfach sind den Abrechnungen zufolge bis zu 100 Überstunden in einem Monat zusammengekommen. Als sie sich krank gemeldet hatte, kam die Kündigung.

"Solche Fälle sind es, die das Gastgewerbe in Misskredit bringen", sagt Baumeister. Dabei sei es eigentlich ein toller Beruf, sehr abwechslungsreich mit weltweiten Karrierechancen. Um dieses positive Berufsbild nicht zu beschädigen, fordert er die Betriebe auf, die Arbeitszeiten künftig stärker an den Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten.

Die Arbeitszeitregelungen sind immer wieder ein Streitthema zwischen der Gewerkschaft und dem Hotel- und Gastronomieverband Dehoga. Beim Neujahrsempfang der Dehoga hatte Präsidentin Gudrun Pink eine Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes und eine stärkere Flexibilisierung gefordert: Die Vorschrift, dass Mitarbeiter, "die auch länger arbeiten wollen", nach zehn Stunden beispielsweise bei einer Hochzeitsfeier nicht mehr arbeiten dürften, sei "lebensfremd", sagte Pink damals.

Baumeister hält entgegen, dass eine solche Flexibilisierung über die Tarifverträge bereits jetzt möglich sei: So könne die tägliche Arbeitszeit zwischen fünf und zehn Stunden schwanken. Allerdings nur, wenn dann auch verbindlich ein Arbeitszeitkonto geführt würde. "Auf diese Weise können Saisonbetriebe beispielsweise auf schlechtes Wetter reagieren oder bei gutem Wetter die Arbeitszeit verlängern", sagt Baumeister. Selbst zwölf Stunden seien kein Problem, wenn sie vorher angemeldet würden.

Das Argument, dass keine Hochzeiten oder Betriebsfeiern mehr stattfinden könnten, wenn die Arbeitszeit nicht spontan verlängert werden könnte, hält der Gewerkschafts-Chef für nicht stichhaltig. "Hochzeitsfeiern sind keine Spontan-Ereignisse, sondern sie werden üblicherweise geplant", sagt er. In solchen Fällen könne man entweder die Schichten entsprechend anpassen. Oder, falls es nicht genug Personal gibt, auch auf darauf spezialisierte Personalverleiher zurückgreifen.

Ein großes Problem sieht die Gewerkschaft darin, dass die Tarifverträge im Gastgewerbe nicht allgemeinverbindlich sind. Damit gelten sie nur für Mitglieder der NGG oder des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Diese müssten ihre tariflichen Rechte gegenüber ihrem Arbeitgeber ausdrücklich einfordern, was nicht immer positiv aufgenommen würde.

Besonders bei Auszubildenden sieht die NGG hier Missstände: "Wenn wir in den Berufsschulen über die Rechte der Auszubildenden aufgeklärt haben, müssen wir gleichzeitig warnen, dass sie diese besser nicht einfordern sollten, weil sie sonst keinen Ausbildungsplatz mehr haben", sagt Gewerkschaftssekretärin Jessica Reckler. Das sei eine traurige Wahrheit, sagt sie.

In diesem Jahr stehen für die NGG wieder zahlreiche Tarifverhandlungen an: Wichtig an der Saar seien unter anderem die anstehenden Verhandlungen bei Nestle Wagner, die seit zwei Jahren mit 1900 Mitarbeitern tarifgebunden sind, aber auch die Auseinandersetzungen in der Systemgastronomie, zu denen unter anderem McDonald's, Vapiano oder Nordsee mit rund 100 000 Mitarbeitern gehören. Letztere seien besonders schwierig, weil gerade in der Systemgastronomie nur wenige Mitarbeiter Mitglieder der Gewerkschaft seien.

Als weitere Problembranche im Saarland sieht Baumeister die Fleischindustrie - außer Schröder sei hier kein Betrieb tariflich gebunden. Deshalb gelte es, auch wegen der Chancengleichheit, noch einmal mit Schwamm und Kunzler das Gespräch zu suchen.

Für die Gewerkschaft steht vor allem Aufklärung im Vordergrund. "Wir gehen dafür zunehmend in Betriebe und Berufsschulen und erklären den Arbeitnehmern ihre Rechte", sagt Baumeister. Aber häufig kämen die Betroffenen erst, wenn es Probleme gebe. Trotzdem zeigt sich bereits ein Erfolg: Während die NGG im Saarland 2010 noch 2400 Mitglieder hatte, sind es aktuell 3300.

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