„Quote für Elektroautos jetzt untauglich“ „Elektroauto-Quote erreicht Ziel nicht“

Saarbrücken · Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive saarland, sieht den Diesel als saubere Zukunftstechnologie.

 Ein zu früher Umstieg auf Elektromobilität gefährdet nach Ansicht des Netzwerkes automotive saarland die Wettbewerbsfähigkeit vieler saarländischer Autozulieferer. Unser Bild zeigt ein Elektroauto an einer Ladesäule.

Ein zu früher Umstieg auf Elektromobilität gefährdet nach Ansicht des Netzwerkes automotive saarland die Wettbewerbsfähigkeit vieler saarländischer Autozulieferer. Unser Bild zeigt ein Elektroauto an einer Ladesäule.

Foto: dpa/Jan Woitas

. „Die Einführung einer Quote für batteriebetriebene Elektroautos in Europa zur Förderung von Elektromobilität ist zum jetzigen Zeitpunkt weder wirtschaftlich noch ökologisch zielführend, und schon gar nicht liegt sie im Interesse der saarländischen Automobilwirtschaft.“ Davon ist Pascal Strobel überzeugt, Leiter des Netzwerkes „automotive saarland“. Eine solche Quote hatte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Freitag gefordert. Strobel argumentiert, der Strom, mit dem Elektrofahrzeuge derzeit betrieben werden, sei noch in hohem Maße C02 belastet und somit auch kein Vorteil für die Umwelt. Dies werde sich erst ändern, wenn die Energiewende in Deutschland abgeschlossen ist, denn Strom aus regenerativen Energien enthalte keinen C02-Anteil. Bis dahin biete der Verbrennungsmotor eine deutlich vorteilhaftere Umweltbilanz.

Ein zu früher Umstieg auf die Elektromobilität gefährde die Wettbewerbsfähigkeit vieler saarländischer Autozulieferer, die sich auf die Belieferung von Komponenten für Verbrennungsmotoren spezialisiert haben. Elektromotoren seien weniger komplex als Verbrennungsmotoren und brauchten deshalb nicht nur andere, sondern auch weniger Komponenten. Das müsse jeder wissen, der verantwortungsvoll über die Zukunft saarländischer Autozulieferer diskutiert. Die meisten Unternehmen seien jedoch schon dabei, ihre Investitionen in die Herstellung von Komponenten für Elektroautos sowie in neue Technologien zu verstärken. Deshalb sieht Strobel den Automobilstandort Saarland inmitten eines Strukturwandels und insgesamt in der Lage, die Herausforderungen der kommenden Jahre zu bewältigen. Derzeit könne jedoch noch niemand verlässlich absehen, welche Technologien sich im Laufe der nächsten Jahre durchsetzen.

Dass Autohersteller Autofahrern hohe Wechselprämien gewähren, wenn sie ihren alten Diesel mit hohem Schadstoffausstoß durch Fahrzeuge ersetzen, die neuesten Abgasnormen entsprechen, hält Strobel für eine angemessene Maßnahme. „Übergangsweise kann man solche Rabatte gewähren. Zumal es ja auch darum geht, umweltfreundliche Technologien zu fördern.“ Prämien von bis zu 10 000 Euro, wie sie Volkswagen gewährt, sorgten dafür, „dass man das Thema auch ernst nimmt. Ein Autohersteller, der solche Prämien anbietet, entscheidet selbst, wie lange er solche Maßnahmen wirtschaftlich vertreten kann.“

Die Diskussion über den Diesel lasse manche Argumente außen vor, denn dieser sei nach wie vor eine Zukunftstechnologie. „Es würde der Umwelt schaden, wenn man ihn vom Markt nimmt, weil dann sofort der Anteil an C02 in der Luft steigt. Denn der C02-Anteil des Diesel fällt um fast 20 Prozent geringer aus als beim Benziner“, unterstreicht der Leiter des Netzwerkes automotive saarland.

 Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive saarland.

Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive saarland.

Foto: IHK

Hinzu komme, „dass die Stickoxide, die ein Diesel ausstößt, nur zwanzig Prozent der Stickoxidbelastung ausmachen, die in Deutschland erzeugt wird. Wenn man diese Debatte ehrlich führen und die Stickoxide wirksam senken will, dann muss man auch die Energiewirtschaft sowie die Luft- und Schifffahrt stärker in den Fokus der Bemühungen nehmen“, fordert Strobel. Die Autohersteller arbeiteten ständig daran, den Diesel zu verbessern. Hierzu hätten Partikelfilter und neueste Abgasreinigungsanlagen beigetragen, die Feinstaub und Stickoxide zu verringern. Diese Anlagen erlaubten eine Reduzierung der Stickoxide um 95 Prozent und müssten mit ihrer Leistung unabhängig vom Fehlverhalten von Volkswagen bewertet werden, das diese Technologie auf dem Prüfstand ein- aber auf der Straße ausgeschaltet hatte. Damit die auf dem Prüfstand ermittelten Emissionswerte aller Fahrzeugmodelle die Realität möglichst genau abbilden, müsse auf einen anspruchsvolleren Prüfzyklus umgestellt werden. Für zusätzliche Messungen im tatsächlichen Fahrbetrieb seien europaweit vergleichbare Werte und einheitliche Parameter erforderlich. Die EU-Kommission habe das schon für 2017 geplant. Maßnahmen wie Diesel-Fahrverbote seien keine Lösung. „Das verstärkt nur den Druck auf den Diesel und alle, die in diesem Bereich arbeiten.“ An der Saar seien mindestens 10 000 Stellen direkt beteiligt an der Produktion von Diesel-PKW und LKW. Viele Betriebe könnten auch Komponenten für Benziner produzieren. Deren Geschäftsmodell sei selbst bei großen Einbrüchen im Verkauf von Dieselfahrzeugen anpassungsfähig. Strobel sieht die Saar-Autoindustrie im Strukturwandel. Die Region verbinde neue Technologien mit neuen Produktionsmethoden in Betrieben im Rahmen der Strategie Industrie 4.0. Das Saarland empfehle sich als Region für Forschungs- und Entwicklungsaufträge aus Unternehmenszentralen der Autoindustrie.

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