Mehr Platz für die Sau

Rheda-Wiedenbrück · Aktuell diskutieren die Agrarminister über die Haltungsbedingungen von Sauen. Ein Urteil in Magdeburg hat die gängige Praxis verboten.

 Bisher werden Sauen in Deutschland in beengten Ställen gehalten. Das soll sich künftig ändern. Wie genau, ist noch offen. Foto: Gentsch/dpa

Bisher werden Sauen in Deutschland in beengten Ställen gehalten. Das soll sich künftig ändern. Wie genau, ist noch offen. Foto: Gentsch/dpa

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Den Großteil ihres Lebens verbringt eine Sau in einem engen, kastenförmigen Mini-Stall. Zu wenig Raum, um sich umzudrehen - und zu wenig Platz, um sich ungestört hinzulegen. Das soll sich in nächster Zeit in den deutschen Ställen ändern. Denn das Magdeburger Oberverwaltungsgericht urteilte: Die Kastenstände müssen so breit sein, dass die Tiere sich hinlegen können, ohne mit ihren Beinen in den Kastenstand der Nachbarsau zu kommen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

Wie geht es nun weiter? Von einem Tag auf den anderen sind viele Sauenställe in Deutschland nicht mehr rechtskonform. "Im Moment weiß keiner, was man machen soll", sagt Henning Schulte-Uffelage. Der Landwirt hält auf seinem Hof in Hilter bei Osnabrück 600 Sauen und erzeugt 16 000 bis 18 000 Ferkel pro Jahr.

In Sachsen-Anhalt etwa weiche die Genehmigungspraxis von Landkreis zu Landkreis ab, sagt Daniel Holling vom Stallausrüster-Marktführer "Big Dutchman" aus dem niedersächsischen Vechta. "Jeder Landkreis und jede Veterinärbehörde ist im Moment eigenständig und unterschiedlich in der Auslegung des Gerichtsurteils unterwegs", erklärt er.

Die Kästen im Rahmen einer geänderten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nur größer zu machen, sei der falsche Weg, sagt der Vorsitzende der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz, Thomas Blaha. Der frühere Professor der Tierärztlichen Hochschule Hannover hat sich sein halbes Berufsleben mit der Schweinehaltung beschäftigt. Er plädiert mit vielen anderen Tierschützern für den weitgehenden Verzicht auf die Haltung im Kasten.

Andere Länder - die Niederlande und vor allem Dänemark - machen es bereits vor. Dort sind die Sauen für die Zeit der Besamung im Kasten, und kommen kurz darauf wieder in die Gruppe. Für das "dänische Modell" spricht sich unter anderem auch der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer aus. Der Grünen-Politiker hofft, dass sich die Agrarministerkonferenz jetzt auf eine gemeinsame entsprechende Linie einigen - mit Übergangsfristen von bis zu 20 Jahren.

Landwirt Schulte-Uffelage verteidigt den Kastenstand. Er fixiert nicht nur die hormonell hochaufgeregten Tiere in der Brunst, er soll aber auch verhindern, dass die gereizten Tiere sich selbst und andere Tiere verletzen.

Wer die Sau nach der Besamung wieder in die Gruppenhaltung gebe, müsse mehr "Manpower" aufbringen, sagt Tiermediziner Blaha. Die unruhigen Tiere neigten zu Rangkämpfen, sie schubsten und verletzten sich.

Karl-Heinz Tölle von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands macht auf einen anderen Aspekt aufmerksam: "Das größte Problem ist, dass für die Gruppenhaltung die Ställe nicht mehr passen." Die Bauten müssten umgebaut werden, was zusätzliche Kosten verursache. Auch die Hürden, um von Behörden Genehmigungen zu bekommen, seien hoch.

Auch daher will Niedersachsens Agrarminister Meyer Übergangsfristen. "Wir wollen nicht den Abbau, sondern den Umbau der Sauenhaltung", sagte er jüngst.

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Agrarminister beraten über Tierschutz Die Landwirtschaftsminister klären auf einer Konferenz in Hannover folgende Fragen: Geflügel: Hühnerhalter, die wegen der Geflügelpest ihre Tiere im Stall halten müssen und keine Freilandeier mehr verkaufen können, sollen für die Einbußen entschädigt werden. Sauen: Weil die Haltung in so genannten Kastenständen nicht mehr rechtmäßig ist, wollen sich die Minister auf bundeseinheitliche Haltungsregeln einigen. Milch: Die Minister wollen über einen europaweiten Plan diskutieren, wie die Milchmenge künftig in Krisenzeiten verringert werden könnte.

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