Tarifstreit der Metall-Industrie ME Saar verteidigt deutliche Tarif-Position

Die Metall-Arbeitgeber sehen in den Forderungen der IG Metall Zündstoff für neue soziale Auseinandersetzungen in der Gesellschaft.

 ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Joachim Malter.

ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Joachim Malter.

Foto: BeckerBredel

Saarbrücken Die Tarifverhandlungen der Metall-Industrie im Bezirk Mitte gehen morgen ab zwölf Uhr in der Saarbrücker Saarlandhalle in eine neue Runde. Während bei den Gehaltsforderungen – die Gewerkschaft will ein Plus von sechs Prozent, die Arbeitgeber bieten zwei Prozent an – durchaus eine Annäherung zu erwarten ist, ist diese bei der zweiten Forderung der IG Metall nach einer Teilzeitregelung mit Lohnausgleich aktuell unwahrscheinlich. Die Gewerkschaft fordert das Recht, die Arbeitszeit auf 28 Stunden zu verkürzen, bei einer Ausgleichszahlung von 200 Euro pro Monat. Die Arbeitgeber hätten jedes Gespräch über dieses Thema abgelehnt, hatte IG-Metall-Verhandlungsführer Jörg Köhlinger kürzlich im SZ-Interview gesagt und von einer „Haltungsfrage“ gesprochen.

Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes ME Saar, allerdings sieht erhebliche Probleme in der Forderung der Gewerkschaft, da sie Tarif- und Sozialpolitik vermische. „Ich denke, die IG Metall hat ihre Forderung nicht ausreichend durchdacht.“ Denn durch das Recht auf Teilzeit mit Lohnausgleich gebe es ein erhebliches rechtliches Problem: „Was ist mit all denen, die bereits in Teilzeit arbeiten, aber keinen Ausgleich bekommen?“ Die Gewerkschaft hatte argumentiert, dass ja auch die einen Ausgleich bekommen könnten, wenn sie 28 Stunden Teilzeit machen. „Was aber ist, wenn jemand aus persönlichen Gründen weniger als 28 Stunden arbeitet?“, fragt Malter. Der ME-Saar-Chef fürchtet massive Ungerechtigkeiten innerhalb der Belegschaft. Denn es würden nicht nur Mitarbeiter in unterschiedlichen Teilzeitmodellen unterschiedlich behandelt, sondern auch Vollzeit- und Teilzeit-Mitarbeiter. „Wir gehen davon aus, dass es zu einer Klagewelle gegen die Unternehmen kommen würde, wenn wir solch eine Tarifregelung unterschreiben würden.“

Malter allerdings fürchtet auch einen Bruch der jahrelang gepflegten Politik der Lohngerechtigkeit. „Früher war die IG Metall stolz darauf, dass ihre hohen Löhne ohne Rücksicht auf Alter und Familienstand gezahlt wurden, sondern nur von der Arbeitsaufgabe abhängig waren“, sagt Malter. „Ich würde dieses Prinzip ungern aufgeben.“ Wenn aber jetzt Zuschläge abhängig von der sozialen Situation der Beschäftigten gezahlt werden sollen, weil diese Kinder betreuen oder Familienangehörige pflegen, sei das eine ungute Vermischung von Tarif- und Sozialpolitik. Malter fürchtet auch, dass bei einer solchen Teilzeitregelung schnell wieder der Vorwurf aufkommen könnte, Firmen würden keine Frauen mehr einstellen, weil diese durch die Regelung unterm Strich teurer würden.

Natürlich sei unstrittig, dass die Politik Lösungen finden müsse, um Betroffenen in Notsituationen unter die Arme zu greifen, sagt Malter. Und die Arbeitgeber seien durchaus auch bereit, über Regelungen zu verhandeln, die Arbeitnehmern die nötige Flexibilität geben, wenn plötzlich beispielsweise ein Familienmitglied zum Pflegefall geworden ist. „Ob eine Teilzeit-Regelung mit einem freien Tag in der Woche dafür die Lösung ist, bezweifle ich“, sagt Malter. Pflege finde jeden Tag statt, nicht nur an einem Tag in der Woche.

Köhlinger hatte den Arbeitgebern vorgeworfen, in dem Konflikt gehe es den Arbeitgebern primär darum, wer die Macht über die Arbeitszeiten hat. ME-Saar-Geschäftsführer Martin Schlechter will dem gar nicht widersprechen. „Wenn ich in einer Produktion, die rund um die Uhr läuft, die Arbeitszeiten komplett frei gebe, steht sie zeitweise still“, sagt er. Und auch aus den Betrieben sei zu hören, dass es vielen Mitarbeitern bei der Forderung vor allem um einen freien Freitag gehe, sagt Malter. Doch auch am Freitag müssten die Maschinen laufen. Grundsätzlich wollen sich die Arbeitgeber neuen Teilzeitmodellen nicht entgegenstellen  – sie fordern dann jedoch auch mehr Flexibilität nach oben. Dass Mitarbeiter also auch länger arbeiten dürfen. Nach einer Umfrage der IG Metall würden 30 Prozent der Beschäftigten gerne länger arbeiten, sagt Malter.

Ein Problem hat Malter auch mit der Forderung nach mehr Freischichten bei einer Kompensation von 750 Euro für die hohe Belastung: „Bisher wird die Belastung durch Schichtzuschläge kompensiert“, sagt er. Bei einem Ausgleich über Freischichten müssten logischerweise die Schichtzuschläge entfallen, sagt er.

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