Linde geht erneut Fusion mit Praxair an

München · Mit einer gescheiterten Fusion und dem Rauswurf des Finanzchefs hat Linde im Herbst Schlagzeilen gemacht. Jetzt unternimmt das Unternehmen einen neuen Anlauf, um weltweit Nummer eins zu werden.

 Linde liefert zum Beispiel Helium, das in der Industrie häufig verwendet wird. Foto: Linde AG

Linde liefert zum Beispiel Helium, das in der Industrie häufig verwendet wird. Foto: Linde AG

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Zwei Monate nach dem Abbruch ihrer Fusionsverhandlungen nehmen der Industriegase-Konzern Linde und sein US-Konkurrent Praxair einen neuen Anlauf für einen Zusammenschluss. Zusammen würden sie den französischen Konkurrenten Air Liquide als Weltmarktführer für Industriegase ablösen. Um die Verhandlungen zu erleichtern, räumte der eigentlich noch bis April amtierende Linde-Chef Wolfgang Büchele gestern seinen Posten mit sofortiger Wirkung. Als Nachfolger soll der 66-jährige frühere Linde-Europa-Chef Aldo Belloni die Fusion unter Dach und Fach bringen.

Belloni, der einen Vertrag für zwei Jahre bekam, gilt als Vertrauter von Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle . Der erste Anlauf zu einem Zusammenschluss von Linde und Praxair war im September gescheitert, weil man sich bei der Wahl des Firmensitzes und der Struktur des fusionierten Unternehmens nicht einig geworden war. In der Folge hatte Linde-Finanzchef Georg Denoke gehen müssen und Büchele angekündigt, seinen Ende April auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern.

Gestern beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat, die Gespräche über die wesentlichen Bedingungen eines "Zusammenschlusses unter Gleichen" wieder aufzunehmen. Grundlage dafür sei ein neuer Vorschlag von Praxair. Die Amerikaner wollen Linde entgegenkommen und unter anderem über die Linde-Zentrale in München und die Forschung und Entwicklung im nahen Pullach neu verhandeln.

Wie das "Handelsblatt" berichtete, könnte der Firmensitz des neuen Konzerns nun im europäischen Ausland liegen. Favorit sei London, schrieb das Blatt unter Berufung auf US-Industriekreise. Im Gespräch seien aber auch die Niederlande und Irland. Die Rolle der deutschen Standorte solle aber im Vergleich zu früheren Plänen gestärkt werden. Wichtige Funktionen und auch Vorstandsposten sollten in München bleiben. Der neue Konzern solle den Namen Linde tragen.

Alle Mitglieder des Aufsichtsrats unterstützten die Wiederaufnahme der Gespräche. Die Gewerkschaften hatten sich zuvor kritisch geäußert, weil sie um den Erhalt von Stellen in Deutschland bangten. Büchele hat wegen schwacher Geschäfte im Anlagenbau soeben ein Sparprogramm mit massivem Stellenabbau verkündet. Allein in Dresden und Pullach könnten mehr als 1000 Arbeitsplätze wegfallen.

Bis zu einer Fusion könnte es ein oder zwei Jahre dauern. Um die Zustimmung der Kartellbehörden zu erhalten, müssten die beiden Unternehmen wohl auch Firmenteile abgeben.

Überschneidungen gebe es vor allem in Nord- und Südamerika, sagte ein Analyst. Praxair ist dort der größte Industriegase-Hersteller. Linde ist im Industriegase-Geschäft in Europa und Asien stark und darüber hinaus im Anlagenbau und bei Medizingasen engagiert. Linde erwirtschaftete 2015 mit fast 18 Milliarden Euro zwar fast doppelt so viel Umsatz, aber nur knapp so viel Gewinn wie Praxair. Beim Börsenwert haben die Amerikaner mit 32 Milliarden Euro die Nase etwas vor den Münchnern mit 29 Milliarden Euro.

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