Streit im Saar-ÖPNV Kündigung von Betriebsrätin geht vor Gericht

Neunkirchen · Dem Arbeitsunfall folgte der Rauswurf. Nun entscheidet das Gericht im Streit der Betriebsratschefin gegen die Bliestalverkehr GbR.

 Kathy Preuß, Betriebsratsvorsitzende bei der Bliestalverkehr GbR, sieht sich zu Unrecht gekündigt.

Kathy Preuß, Betriebsratsvorsitzende bei der Bliestalverkehr GbR, sieht sich zu Unrecht gekündigt.

Foto: Joachim Wollschläger

Der Wetterbericht wird eine entscheidende Rolle spielen im Prozess der Bliestalverkehr GbR gegen ihren Betriebsrat. Und zwar die Frage, ob es am 13. Dezember wirklich geschneit hat, ob die Scheiben des Busses von Kathy Preuß um vier Uhr morgens vereist waren und ob sie witterungsbedingt wirklich gestürzt sein kann.

Vor dem Arbeitsgericht Neunkirchen stand gestern die Frage im Raum, ob ein Busunternehmen seine unbequeme Betriebsratschefin loswerden will und einen Arbeitsunfall als willkommenen Anlass nutzt oder ob umgekehrt die Betriebsratschefin das Unternehmen „plattmachen“ will und dafür einen Arbeitsunfall vortäuscht.

Preuß war eigenen Angaben zufolge am fraglichen 13. Dezember zu Beginn ihrer Schicht wetterbedingt bei der Vorbereitung ihres Busses gestürzt, hatte sich zahlreiche Prellungen zugezogen. Zwar ist sie anschließend noch vier Stunden gefahren, ließ sich dann aber beim Arzt und im Krankenhaus behandeln.

Walfried Munz, Geschäftsführer der Bliestalverkehr GbR, glaubt dagegen nicht an den Arbeitsunfall. Es habe weder Schnee noch vereiste Scheiben und auch keine Minusgrade gegeben, zitierte Richterin Karin Borth zu Beginn der Verhandlung. Munz vermutet vielmehr eine gezielte Aktion gegen seine Firma. Denn schon im Vorfeld habe Preuß angekündigt, sie werde „Munz plattmachen“, wie sein Anwalt Jörg Pick gestern sagte. „Die Beleuchtung war aus unserer Sicht gut, die Stoßstangen nicht vereist“, sagte Pick. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie gefallen sein kann.“

Christian Umlauf, bei der Gewerkschaft Verdi für Verkehr zuständig, vermutet dagegen eine gezielte Kampagne gegen eine engagierte Betriebsrätin. Umlauf weist auf eine lange Vorgeschichte hin: 2017 hatte die Bliestalverkehr GbR – ein Zusammenschluss der Unternehmen Fortuna Reisen, Sotram, Bach-Tours und Moreau-Touristik – einen Großteil des öffentlichen Nahverkehrs im Saarpfalz-Kreis übernommen. Teil der Übernahme war die Bedingung, Mitarbeiter von der Bahn-Tochter Saar-Pfalz-Bus zu übernehmen, die die Strecken bis dahin gefahren war. Und zwar zu den für sie geltenden tarifvertraglichen Bedingungen. „Offensichtlich war Herrn Munz als Geschäftsführer nicht klar, welche Pflichten er eingegangen ist“, sagte Umlauf. Denn bereits im Januar 2017 sei es zu ersten Beschwerden gekommen, weil Gehälter nicht termingerecht gezahlt worden seien. Auch bei den Gehaltsabrechnungen sei es immer wieder zu Fehlern gekommen. Nicht gezahlte Pausenzuschläge, Nachtzuschläge, Überstundenvergütungen – immer wieder sei es zu Diskussionen gekommen. „Wir haben mehrfach versucht, es gütlich zu regeln, aber es lässt sich nicht gütlich regeln“, sagte Umlauf.

Auch Preuß sei schnell in den Fokus gekommen. Bereits beim Vorgängerunternehmen hatte sie sich im Betriebsrat engagiert. Am 22. Oktober 2017 wurde sie bei der Bliestalverkehr GbR zur Betriebsrätin gewählt. In dieser Funktion hat sie auch zahlreiche Klagen vor dem Arbeitsgericht über ausstehende Zahlungen für Kollegen angestoßen, die am Freitag verhandelt werden. Die streitbare Betriebsrätin berichtet von immer neuen Auseinandersetzungen mit Munz. „Offensichtlich versteht Herr Munz nicht, dass für die übernommenen Fahrer andere Bedingungen gelten als für seine Fahrer“, sagte sie.

Dass sie nun vor Gericht gegen ihre Kündigung kämpfen muss, sieht sie angesichts der Vorgeschichte als eine logische Entwicklung. Bereits im vergangenen Jahr sei sie mehrmals unwirksam abgemahnt worden, teilweise sogar von Munz eigener Firma Fortuna Reisen, bei der sie gar nicht angestellt ist.

Ob die Kündigung wirksam ist, wird sich frühestens im Juli bei einem weiteren Verhandlungstermin zeigen. Offen ist, ob Preuß bis dahin wieder als Busfahrerin arbeiten darf. Aktuell wird sie in den Dienstplänen nicht berücksichtigt. Und Munz kündigte an, dass das auch trotz hoher Krankenstände so bleiben wird: „Ich werde sie nicht mehr einsetzen“, sagte Munz gestern nach der Verhandlung.

Verdi-Sekretär Umlauf allerdings vermutet, dass hinter den ausstehenden Zahlungen und der Kündigung weit größere Probleme stehen. Offensichtlich sei Bliestalverkehr nicht in der Lage, zu den gebotenen Konditionen den Verkehr kostendeckend zu fahren und versuche deshalb, bei den Fahrern zu sparen. Die Gewerkschaft habe bereits beim Landratsamt moniert, dass mehrfach zugesagte Leistungen nicht erbracht wurden. Landrat Theophil Gallo (SPD) äußert auf Anfrage, er könne dem Fahrbetrieb bis auf einzelne Ausnahmen eine gute Qualität bescheinigen. Angesichts des hohen Krankenstandes und der damit hohen Belastungen habe der Kreis allerdings eine vorzeitige Auflösung des Vertrags angeboten.

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