Kommunale Unternehmen Kommunale Firmen wollen mehr Freiheiten

Saarlouis · VKU-Chef Levacher: Energiewende und Digitalisierung gefährden ansonsten das Geschäftsmodell der Stadt- und Gemeindewerke.

 Ralf Levacher, Chef des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) an der Saar.

Ralf Levacher, Chef des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) an der Saar.

Foto: DVGW

Ohne die kommunalen Unternehmen im Land „gelingt weder die Energiewende noch die Digitalisierung bis auf die letzten Meter“. Diese Auffassung vertrat der Vorsitzende der Landesgruppe Saar des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), Ralf Levacher, gegenüber unserer Zeitung. Denn die Stadt und Gemeindewerke „liefern den Strom in jedes Haus und sind auch in der Lage, die entsprechenden Glasfaser-Leitungen zu legen“, betont der Energiemanager, der im Hauptberuf Geschäftsführer der Stadtwerke Saarlouis ist. „Allerdings benötigen wir   dazu die nötigen unternehmerischen Freiheiten. Diese werden uns derzeit jedoch vorenthalten“, sagt Levacher.

Das größte Hindernis sei hierbei der Paragraf 108 des saarländischen Kommunalselbstverwaltungsgesetzes (KSVG). Dieser erlaubt privatwirtschaftliche Betätigungen von Stadt- und Gemeindewerken nur dann, wenn sie „dem öffentlichen Zweck des Unternehmens dienen“ und dieser „öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann“. Diese Regelung begrenze die wirtschaftliche Betätigung von Stadt- und Gemeindewerken „auf die reine Daseinsvorsorge“, kritisiert Levacher. Darunter fällt zum Beispiel die Wasserversorgung.

Den kommunalen Unternehmen sollte daher der digitale Zugang zu den Endverbrauchern – egal ob Unternehmen oder Privatleute – erlaubt werden, fordert der VKU-Chef. Dies müsse auch beinhalten, dass sie die Möglichkeit bekommen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, wenn die alten Stromzähler durch  intelligentere Energieerfassungs-Systeme – so genannte Smart Meter – ersetzt werden. Ein solches Geschäftsmodell könnte die Einführung neuer Stromtarif-Systeme sein, die sicherstellen, dass große Energieverbraucher im Haushalt wie zum Beispiel Spülmaschinen oder Wäschetrockner dann angeschaltet werden, wenn der Strom günstig ist. Auch die Steuerung der Heizung über den Stromzähler sei künftig möglich.

Noch wichtiger sei für die Stadt- und Gemeindewerke jedoch der Umbau der Stromnetze im Zuge der Energiewende. „Diese waren früher Einbahnstraßen, über die der Strom zu den Verbrauchern geliefert wurde“, erläutert Levacher. „Da inzwischen immer mehr Privat- und Gewerbekunden ihren eigenen Strom erzeugen und diesen auch einspeisen wollen, werden aus den Einbahnstraßen komplexe Netzwerke, die ohne digitale Steuerung nicht funktionieren.“ Der Verkauf, die Einspeisung und die Speicherung von Strom durch kleine Anbieter „müssen daher in Zukunft in einem einheitlichen Geschäftsmodell zusammengeführt werden“. Hier seien die kommunalen Versorger die idealen Partner. „Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Googles und Facebooks dieser Welt in dieses Geschäft einsteigen.“

Denkbar sei auch, dass Stadtwerke zum Anbieter so genannter Regelenergie werden. In diesem Fall würden zum Beispiel Notstromaggregate, die in Krankenhäusern oder Unternehmen stehen, so zusammengeschaltet, dass sie Strom liefern können, wenn der Bedarf in Spitzenzeiten hoch und die elektrische Energie teuer ist.

Diese neuen Herausforderungen „stellen jedoch die tradierten Geschäftsmodelle der kommunalen Versorger in Frage“ sagt der VKU-Chef. „Sie sehen sich durch die Energiewende und die Digitalisierung einem zunehmenden Wettbewerbs- und Erfolgsdruck ausgesetzt“, Die Zeiten „der Idylle einer geschützten Kommunalwirtschaft sind längst vorbei“.

 Die digitale Steuerung der künftigen Stromverteilung gelingt nur mit den kommunalen Versorgern, ist der VKU überzeugt.

Die digitale Steuerung der künftigen Stromverteilung gelingt nur mit den kommunalen Versorgern, ist der VKU überzeugt.

Foto: Niels Schubert/Niels Schubert Stuttgart

Sollten die „harschen Regeln“ des KSVG nicht gelockert werden, seien die Stadt- und Gemeindewerke „langfristig in ihrer Existenz gefährdet“. Da die saarländischen Kommunen an ihnen beteiligt seien, „bedeutet dies auch eine akute Gefahr für deren Handlungsfähigkeit“, meint Levacher. Denn die  Versorger würden über Steuern und Gewinne jährlich rund 30 Millionen Euro in die kommunalen Kassen einzahlen. Diese Summe beinhalte lediglich die Steuern und Gewinne. Nicht eingerechnet seien hier die Sponsoring-Tätigkeiten sowie die Einkommen der Mitarbeiter.

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