Wandel der Industrie Keine Angst vor Robotern

Brüssel · EU-Experten sehen gute Chancen für mehr Industriejobs. Dafür müsse aber mehr in Forschung investiert werden.

 Jürgen Rüttgers, früherer Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens  

Jürgen Rüttgers, früherer Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens  

Foto: dpa/Bernd Thissen

Europa muss aus Sicht einer EU-Expertenkommission gezielt in neue Schlüsseltechnologien investieren, um Industriejobs zu erhalten und neue zu schaffen. Diese Empfehlung gibt eine von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eingesetzte Beratergruppe unter dem früheren Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers. Sie fordert auch eine Verdoppelung des EU-Budgets für Forschung und Innovation ab 2020. Die Ergebnisse will Rüttgers morgen in Brüssel offiziell vorstellen.

Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers (CDU) wurde im Herbst beauftragt, den Kurs der EU-Industriepolitik zu überprüfen. Hintergrund ist auch der Vormarsch von Robotern und Computern in der Industrie sowie die globale Konkurrenz, die Furcht vor Arbeitsplatzverlusten und Niedergang ganzer Branchen schürt.

Die Rüttgers-Kommission sieht dagegen keine Gefahr, dass die europäische Industrie ähnlich einbrechen könnte wie die Landwirtschaft im vergangenen Jahrhundert. Zwar seien zwischen 2008 und 2012 tatsächlich 3,8 Millionen Jobs verloren gegangen. Doch habe sich der Trend gedreht. Seit 2013 seien 1,5 Millionen neue Industriejobs entstanden. Gleichzeitig sei die Arbeitsproduktivität in Europa um jährlich 2,7 Prozent gewachsen, viel stärker etwa als in den USA mit 0,7 Prozent oder Südkorea mit 2,3 Prozent.

„Auf der Basis einer Steigerung des Produktivitätswachstums wird es möglich sein, ausgelagerte Industriearbeitsplätze zurückzuholen und neue Arbeitsplätze zu schaffen“, schließt Rüttgers aus den Ergebnissen der Expertengruppe. Technologie koste nur partiell Arbeitsplätze und fördere zum Teil auch neue.

Die EU hatte 2009 sechs Schlüsseltechnologien definiert, die sie für die Jobmotoren der Zukunft hielt und in die gezielt Fördergelder fließen sollten, darunter innovative Fertigungstechnologie, Nanotechnologie und Biotechnologie. Diese Schwerpunkte sollen nun aus Sicht der Experten um neue ergänzt werden, darunter künstliche Intelligenz. Zudem sollen bürgernahe Förderziele gesetzt werden, zum Beispiel ein sicheres Internet und saubere Mobilität.

 In der Autoindustrie – hier das Porsche-Werk Leipzig – haben Roboter längst weite Teile der Produktion übernommen.

In der Autoindustrie – hier das Porsche-Werk Leipzig – haben Roboter längst weite Teile der Produktion übernommen.

Foto: dpa/Jan Woitas

Wichtig sei aber vor allem, die versprochenen Fördersummen tatsächlich endlich bereitzustellen. „Europa hat kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, erklärt Rüttgers. Wären, wie von der EU-Kommission anvisiert, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Technologie investiert worden, hätten nach seiner Rechnung 3,7 Millionen neue Jobs bis 2025 geschaffen und 800 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet werden können. Tatsächlich lag die Quote laut Bericht aber nur bei zwei Prozent.

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