Immer weniger Besucher Schluss mit der Computermesse Cebit

Hannover · Wenn Digitalisierung so gut wie alle Branchen prägt, wird eine Digitalmesse offenbar überflüssig. Die Macher der Cebit haben die Reißleine gezogen.

 Ein Bild aus besseren Zeiten. Mitte der 90er faszinierte die Cebit mit einem Monitortunnel, in dem Videoclips gezeigt wurden.

Ein Bild aus besseren Zeiten. Mitte der 90er faszinierte die Cebit mit einem Monitortunnel, in dem Videoclips gezeigt wurden.

Foto: dpa/Wolfgang Weihs

Nach über 30 Jahren ist die Cebit Geschichte: Die einst weltgrößte Computer-Show wird eingestellt. Rückläufige Buchungen für 2019 erhöhten zuletzt den Druck auf die Deutsche Messe AG. Die deutsche Wirtschaft habe in den vergangenen Jahren immer wieder thematische Überschneidungen der Cebit und der weitaus größeren Hannover Messe beklagt, sagte Deutsche-Messe-Vorstandschef Jochen Köckler. Darüber hinaus ist Digitalisierung der Megatrend der meisten Branchen – und damit der meisten Messen. Eine Messe wie die Cebit stoße daher auf sinkende Nachfrage.

Die „industrienahen Digitalthemen“ sollen nun in die Hannover Messe, die weltgrößte Industriemesse, eingebunden werden. Für die übrigen Themen sind nach Angaben der Deutsche Messe AG Fachveranstaltungen geplant, die sich „gezielt an Entscheider ausgewählter Branchen“ richten sollen.

Dabei hatten die Organisatoren im Sommer noch vergeblich versucht, die Cebit als „Europas führendes Digital-Event“ neu zu positionieren. Insgesamt lockte die Cebit in neuem Gewand aber nur 120 000 Menschen aufs Messegelände – noch einmal deutlich weniger als 2017 mit 200 000 Besuchern. Dennoch zogen die Cebit-Macher noch ein positives Fazit für ihr neues Konzept: Erstmals war die Messe in runderneuertem Gewand mit Festival-Charakter an den Start gegangen – und das im Juni statt zuvor im März. Messe-Vorstand Oliver Frese sagte damals, alle Ziele seien erreicht worden. In wirtschaftlichen Zahlen spiegelte sich diese Begeisterung aber nicht wider: Event statt Messe, Streetfood statt Bratwurst – das funktionierte offensichtlich nicht. Die Entscheidung für das Cebit-Aus bedeutet auch einen tiefen Einschnitt für Frese: Der Messechef bat um Entbindung von seinen Aufgaben zum 31. Dezember. Der Aufsichtsrat erfüllte seinen Wunsch.

Zu besten Zeiten um die Jahrtausendwende hatte die Messe noch bis zu 800 000 Besucher gezählt, dann ging die Kurve nach unten. Ein Grund war dafür auch hausgemacht: Die Cebit wollte sich zu den Hoch-Zeiten des Personal-Computers immer wieder von den als „Beutelratten“ verschmähten Privatbesuchern trennen und speziell auf Business-Kunden ausrichten. Unterhaltungselektronik wie Spielekonsolen war nicht mehr gern gesehen. Nicht zuletzt zog die stetig wachsende Mobilfunkmesse ­Mobile World Congress nach ihrem Umzug von Südfrankreich nach Barcelona immer mehr Stammkunden aus der Telekommunikations-Branche aus Hannover ab.

„Das ist ein Schlag ins Kontor für den Messestandort Hannover und damit für den gesamten Wirtschaftsstandort Niedersachsen“, sage der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt: „Die Cebit war für drei Jahrzehnte ein echtes Aushängeschild und hat maßgeblich zum Renommee der gesamten deutschen Informations- und Kommunikations-Wirtschaft beigetragen.“

Begonnen hatte die Computershow 1986 traurig-spektakulär: Der Computer-Unternehmer Heinz Nixdorf brach auf einer Messe-Party auf der Tanzfläche mit einem Herzinfarkt zusammen und starb. In den drei Jahrzehnten nutzten viele Firmen die Messe, um Neuigkeiten vorzustellen. 1995 präsentierte Microsoft-Chef Bill Gates beispielsweise Details seines neuen Betriebssystems Windows 95.

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