Finanzmärkte Eine kleine Bank löste eine Lawine aus

Frankfurt/Saarbrücken · Mit der Rettung der IKB vor zehn Jahren begann die Finanzkrise. Welche Lehren wurden daraus gezogen, und welche Gefahren drohen weiter?

Steuermilliarden für marode Banken – Italiens jüngste Rettungsaktionen lassen aufhorchen. Sollte nicht alles besser werden nach den Erfahrungen der Jahre 2007/2008? Abgestimmte Aufsicht, strengere Regeln, klarere Haftung. Zehn Jahre nach Ausbruch der größten Finanzkrise der Nachkriegszeit hat die Finanzbranche in Europa zwar ein Stück weit Vertrauen zurückgewonnen. Vollends gelöst sind die Probleme jedoch längst nicht.

Der Stress im Frühjahr 2007 begann weit weg, in irgendeinem Winkel der USA: Mehr und mehr Hausbesitzer konnten ihre Kreditraten nicht zahlen – Kredite, die sie im Rückblick niemals hätten bekommen dürfen, weil sie einfach zu wenig verdienten. Von „Subprime“ – zweitklassigen US-Immobilienkrediten – hatten bis dato in Deutschland nur Experten gehört.

Dass auch Banker nicht alles verstanden, in das sie investierten, offenbarte sich am 30. Juli 2007: „Die Krise des US-amerikanischen Hypothekenmarktes im Subprime-Bereich hat sich auf die IKB Deutsche Industriebank AG (IKB) ausgewirkt“, teilte das bis dato eher unbekannte Düsseldorfer Institut lapidar mit. Die Finanzkrise hatte die Bundesrepublik erreicht. Denn auch deutsche Banken hatten kräftig in Wertpapiere investiert, denen „Subprime“-Kredite zugrunde lagen.

Eilends schnürten Aufsicht, Politik und Banken ein Rettungspaket, galt es doch die erste große Bankenkrise seit 1931 zu verhindern. Die IKB-Rettung kostete die staatliche Förderbank KfW als damalige Haupteigentümerin letztlich rund zehn Milliarden Euro. Es sollte nicht der letzte Feuerwehreinsatz sein: Nur ein Notverkauf rettete die Sachsen-LB im Sommer 2007, weitere Bundesländer stützten ihre Landesbanken mit Steuermilliarden.

Für die Düsseldorfer West-LB kam das Aus. 2009 wurde der Münchener Immobilienfinanzierer HRE ganz verstaatlicht, die Commerzbank zum Teil. Noch immer hat der deutsche Bankenrettungsfonds Soffin 14,6 Milliarden Euro im Feuer – alles Geld der Steuerzahler.

Saarländische Bankenvertreter sind davon überzeugt, dass das Finanzsystem heute stabiler dasteht  vor zehn Jahren. „Als Antwort auf die Finanzkrise wurden über das Baseler Komitee der Bankenaufsicht neue globale Aufsichtsstandards vereinbart“, erinnert Werner Severin, Vorstandsvorsitzender der Landesbank Saar (Saar-LB). „Diese sind die Grundlage für ein europäisches Regelwerk mit einheitlicher Bankenaufsicht.“ Carlo Segeth, Sprecher der saarländischen Genossenschaftsbanken, weist zudem auf die strenger gewordenen Eigenkapital-Richtlinien hin. Zum einen müssten die Banken heute wesentlich mehr Eigenkapital vorhalten als vor der Krise. Zum anderen dürften heute Positionen wie zum Beispiel Nachrang-Darlehen, nicht mehr zum Eigenkapital gezählt werden. Cornelia Hoffmann-Bethscheider, Präsidentin des Sparkassenverbands Saar, erinnert allerdings daran, dass „nicht alle Akteure an den Finanzmärkten den gleichen strengen Regeln unterliegen. Es gebe beispielsweise immer noch so genannte Schattenbanken, „also Akteure, die keine Banken sind, aber wie Banken agieren. Sie stellen ein Risiko dar“.

Derzeit sehen die saarländischen Bankenvertreter keine Marktrisiken, die eine weitere Krise auslösen könnten. Die Immobilienpreise würden zwar steigen, allerdings würde sich diese Entwicklung noch im Rahmen bewegen. Größere Turbulenzen könnten entstehen, wenn die Zinsen abrupt steigen würden. „Das könnte sich auf den Immobilienmarkt auswirken“, meint Segeth, „da manche dann ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten“. Es sei insgesamt zuviel Geld in den Märkten, was die Bildung von Blasen begünstigen würden. „Insoweit ist Vorsicht angebracht, nicht nur bei Immobilien, sondern durchaus auch am Aktien- und Rentenmarkt“, meint Hoffmann-Bethscheider. Einen schnellen Zinsanstieg erwartet allerdings niemand.

Auf der anderen Seite ärgert es die Vertreter aus dem Sparkassen- und Genossenschaftsbanken-Lager, dass sie wegen der Finanzkrise genauso behandelt werden wie die großen Geschäftsbanken. Ihre Geldhäuser hätten „in Deutschland während der Krise maßgeblich zur Stabilität an den Finanzmärkten beigetragen“, sagt Severin. Dennoch sehen sie sich „mit den gleichen regulatorischen Anforderungen konfrontiert, die zur Stabilisierung internationaler Investment-Banken entwickelt wurden“. Dies sei nicht in Ordnung. So müssten auch sie in den europäischen Einlagensicherungs-Fonds einzahlen, „obwohl wir eigene Einlagensicherungs-Systeme haben“, sagt Segeth. Hoffmann-Bethscheider fordert, „bei der Regulierung zwischen zwei Arten von Instituten zu unterscheiden: Systemrelevanten und nicht systemrelevanten, kleinen Instituten“.

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