Tarifkonflikt Hohe Beteiligung an 24-Stunden-Warnstreiks

Frankfurt/Saarbrücken · Die IG Metall bietet neue Verhandlungen an. Arbeitgeber scheitern mit Eilverfahren gegen Ganztages-Streiks vor Gericht.

 Neue Mode? Ein Ford-Mitarbeiter in Saarlouis beim 24-stündigen Warnstreik, an dem sich auch Mitarbeiter des Industrieparks beteiligten.

Neue Mode? Ein Ford-Mitarbeiter in Saarlouis beim 24-stündigen Warnstreik, an dem sich auch Mitarbeiter des Industrieparks beteiligten.

Foto: Ruppenthal

() Erstmals in ihrer Geschichte greift die IG Metall seit Mittwoch und noch bis einschließlich Freitagabend zu 24-Stunden-Warnstreiks – ein neues Instrument im Tarifkonflikt in der Metall- und Elek­trobranche. Aufgerufen sind bundesweit die Beschäftigten in rund 250 Betrieben. Allein gestern wurden 100 Betriebe bestreikt. Während der Streikaufruf im Saarland auf eine besonders hohe Beteiligung stößt, auch wegen des großen Anteils an Industriebetrieben, klagen die Arbeitgeber gegen die Rechtmäßigkeit des neuen Streikinstruments vor dem Frankfurter Arbeitsgericht. Dieses wird sich jedoch erst in drei Wochen mit der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der 24-stündigen Warnstreiks beschäftigen. Dann könnte der Konflikt allerdings schon beendet sein.

Bis gestern Morgen waren die Beschäftigten von ZF in Saarbrücken und Wellesweiler im Streik, ab sechs Uhr früh bei Ford in Saarlouis und Schaeffler in Homburg. Seit 22 Uhr am gestrigen Abend sind auch die Mitarbeiter von Bosch aufgerufen, ihre Arbeit für 24 Stunden niederzulegen. Markus Thal, Streikleiter bei Ford, und Robert Hiry, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Verwaltungsstelle Völklingen, sprechen von einer überwältigenden Beteiligung. „Alle blieben draußen“, sagte Thal. Sein Kollege Hiry spricht von insgesamt 8000 Teilnehmern, denn zu 7000 Ford-Beschäftigten im Werk müsse man auch die Mitarbeiter aus sechs Betrieben des Ford-Industrieparks hinzurechnen. Hiry verweist zudem darauf, dass die Beschäftigten stinksauer darüber seien, dass die Arbeitgeber gegen die Streiks geklagt haben. Es sei in Deutschland an der Zeit, sich für flexiblere Arbeitszeiten auch nach unten zu Gunsten der Arbeitnehmer einzusetzen, nicht nur nach oben bis hin zur 40-Stunden-Woche zu Gunsten der Arbeitgeber, sagte Thal.

Hans Peter Kurtz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Saarbrücken, berichtet von ähnlichen Reaktionen beim Getriebehersteller ZF. Auch hier seien nahezu  alle Beschäftigten dem Streikaufruf gefolgt. Beim Autozulieferer Schaeffler in Homburg blieben ebenfalls nahezu alle Beschäftigten gestern der Arbeit fern, berichtet der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Homburg, Ralf Reinstädtler. Er hofft zudem, dass der Konflikt auch ohne die nächste Stufe einer Eskalation gelöst werden kann. Dennoch läuft bereits für alle Fälle die Urabstimmung über mögliche flächendeckende Streiks. Zugleich hat die IG Metall jedoch gestern auch dem Arbeitgeberlager das Angebot gemacht, ab Montag wieder zu verhandeln, sollte es sich deutlich bewegen.

Zwei Unternehmen scheiterten unterdessen vor Arbeitsgerichten in Krefeld und Nürnberg mit dem Versuch, per einstweilige Verfügung die Tagesstreiks zu stoppen. In Krefeld begründeten die Richter ihre Entscheidung damit, dass sie keinen Grund sähen, in einem Eilverfahren in das Streikrecht einzugreifen. Aus dieser Begründung folge aber nicht, dass damit über die Rechtmäßigkeit der IG-Metall-Forderung nach einer Teilzeit-Sonderregelung und des Arbeitskampfs entschieden sei, sagte Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Metall- und Elektroindustrie (ME Saar) im Saarland.  Deshalb laufe jetzt ein Hauptsacheverfahren vor dem Frankfurter Arbeitsgericht, um diese Dinge grundsätzlich zu klären. Malter prognostiziert, dass am Ende „der Weg frei werden wird für Schadensersatzansprüche von Verbänden und Unternehmen.“

 Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands ME Saar

Joachim Malter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands ME Saar

Foto: BeckerBredel

Bundesweit konzentrieren sich die Warnstreiks am heutigen Freitag auf Bayern und Baden-Württemberg. In Bayern sollen alle Autowerke stillstehen, in Baden-Württemberg unter anderem Daimler und Porsche.

Meistgelesen
Zahl der Woche
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort