Nach erneutem Flugausfall wieder heftige Beschwerden über die Air Berlin ,,Nie wieder ein Flug mit der Air Berlin“

Berlin/Saarbrücken · VW-Manager Blessing übt nach erneutem Flugausfall heftige Kritik. Das Saarland erwägt eine Neuvergabe der Strecke.

 Wie lange die Air Berlin noch ab Saarbrücken fliegt, ist wegen der sich wiederholenden Flugausfälle ungewiss. Der Druck auf die Landesregierung, nach einer  anderen Fluggesellschaft  zu suchen, wächst.

Wie lange die Air Berlin noch ab Saarbrücken fliegt, ist wegen der sich wiederholenden Flugausfälle ungewiss. Der Druck auf die Landesregierung, nach einer  anderen Fluggesellschaft  zu suchen, wächst.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

. Dem Volkswagen-Personalvorstand  Karlheinz Blessing platzt der Kragen.  Inmitten einer Warteschlange muss er am Freitagabend am Schalter der Air Berlin erfahren, dass der Spätflug nach Saarbrücken wieder einmal kurzfristig gecancelt wird. Zuvor wurde dieser bereits mehrfach als verspätet und dann als auf unbestimmte Zeit verspätet gemeldet, berichtet Blessing unserer Zeitung. Angesetzte Wochenendtermine in der Region muss der Manager verschieben, sich wie viele andere in der Warteschlange erst einmal eine Übernachtungsmöglichkeit suchen.

Er fliegt  schließlich mit der Lufthansa nach Frankfurt und beschließt für sich: „Ich fliege nie wieder mit der Air Berlin. Aus und vorbei. No way. Finish. Man kann sich auf nichts verlassen.“  Zudem will er Schadenersatz prüfen, denn auch im Zusammenhang mit seinen Wochenendterminen hat er bereits weitere Buchungen vorgenommen.

Seit Monaten seien  Flugausfälle und Verspätungen an der Tagesordnung, schimpft der VW-Manager. „Es hat sich bis heute trotz aller Ankündigungen überhaupt nichts gebessert. Ich habe keinen einzigen Flug in den vergangenen Monaten mit der Air Berlin gehabt, der verlässlich war.“

Als Manager und auch als privater Fluggast müsse man sich jedoch jederzeit darauf verlassen können, dass man für sein Geld auch auf einen verlässlichen Flug zurückgreifen und auch seine Termine wahrnehmen kann. „Die Strecke nach Berlin ist für das Saarland eine der wichtigsten überhaupt. Wenn auf dieser Linie keine Verlässlichkeit mehr gegeben ist, dann weichen die Leute aus.“ Blessing rät der Saar-Politik dazu, gegenüber der Air Berlin „endlich eine klare Kante zu zeigen. Diese Linie ist, so wie sie jetzt betrieben wird, nichts mehr wert.“ Dem Saarland drohe durch diese Missstände inzwischen auch, selbst kein zuverlässiger Wirtschaftsstandort mehr zu sein, mahnt der Spitzenmanager.

Gerade saarländische Unternehmen könnten ihren Eigenbedarf an Fach- und Führungskräften nicht komplett  aus der eigenen Region abdecken. „Um Fach- und Führungskräfte hierher ins Saarland zu locken, sind aber auch verlässliche Flugverbindungen am Wochenende notwendig. Diese Leute wollen ja auch noch regelmäßig ihre Familien sehen“, gibt Blessing zu bedenken, der vor seiner Tätigkeit in Wolfsburg viele Jahre im Saarland als Vorstandschef der Dillinger Hütte und von Saarstahl aktiv war. „Bedenken Sie mal, was passiert, wenn Führungs- und Fachkräfte  dann erst einmal weitererzählen, was sie mit den Flugverbindungen ins Saarland erlebt haben und wie schlecht die Region erreichbar ist. Wenn diese Leute dann auch noch auf andere Flughäfen ausweichen: Was bedeutet das in der Folge für das Image des Saarlandes?“, fragt Blessing auch an die Adresse der Landesregierung. „Das alles hat verheerende Folgen“, mahnt der VW-Personalchef, der auch nach seinem Wechsel aus Dillingen zu Volkswagen noch eine Wohnung im Saarland hat  und regelmäßig in die Region kommt. Seine Schlussfolgerung: „Mit der Air Berlin würde ich nicht meine Zukunft planen.“

Auch in der Saarwirtschaft ist der Ärger inzwischen immens hoch. Fast schon sarkastisch meinte hierzu im Mai der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), Heino Klingen: „Wer hundertprozentig sicher sein möchte, dass er wirklich seinen 11-Uhr-Termin in Berlin erreicht, dem rate ich, lieber früher aufzustehen und ab Frankfurt zu fliegen.“ Die Airline selbst hatte immer wieder Besserungen in Aussicht gestellt. Doch inzwischen wächst der Druck gewaltig, auch auf die Landesregierung. Sie hatte bisher immer wieder den Zusagen des Air-Berlin-Managements vertraut.

Ein Plan B wird nach Informationen unserer Zeitung jetzt jedoch immer wahrscheinlicher. So hat das Land der Airline mehrfach einen Zeitraum eingeräumt, die Mängel zu beseitigen. Angesichts der jüngsten Entwicklungen  könnte es jedoch passieren, dass bereits zum Winterflugplan 2017/2018 eine neue Airline in Saarbrücken an den Start geht. Interessenten gibt es dem Vernehmen nach, doch die halten sich zur Frage eines möglichen Engagements ebenso bedeckt wie die Landesregierung selbst. Denn es geht auch um viel Geld, von den Landegebühren bis hin zu den Flugtarifen.

Offiziell hat die Luxair kürzlich öffentlich erklärt, kein Interesse an einer Bedienung der Strecke Saarbrücken-Berlin zu haben. Doch das dürfte auch eine Frage der Konditionen sein, über die zwischen allen Beteiligten gepokert wird. Auch der Germanwings wird Interesse an der Verbindung nachgesagt. Ein Verlust der Air Berlin als Partner hätte auch bittere Folgen für die Region. Denn zu ihren Vorzügen gehört ein attraktives  Netz an Anschlüssen weltweit, die in erster Linie über Berlin erreicht und durchgebucht werden können. Doch es sieht düster aus.

Düster verlief auch das Ende der Gerschichte. am Freitagabend. Während die Passagiere in Berlin bleiben mussten, startete die Maschine doch noch nach Saarbrücken: ohne Passagiere und ohne Crew alleine mit dem Piloten. Denn das Flugzeug soll nach Planung pünktlich am nächsten Morgen zur Verfügung stehen. Und so traf der Flieger am frühen Samstagmorgen gegen 1 Uhr doch noch am Saar-Flughafen ein. Wofür dieser auch mitten in der Nacht noch seine Infrastruktur und Mitarbeiter bereithalten musste. Daran hat man sich auf den Ensheimer Höhen schon gewöhnt.

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