Handel Handelsketten machen immer mehr selbst

Düsseldorf/Saarbrücken · Obstbauern, Metzgereien, Bäckereien. Handelsketten bieten ihren Kunden immer mehr Selbstgemachtes. Und setzen sich so ab.

 Rewe betreibt in Köln auch ein eigenes Restaurant: Ein Beispiel für einen neuen Trend.

Rewe betreibt in Köln auch ein eigenes Restaurant: Ein Beispiel für einen neuen Trend.

Foto: dpa/Henning Kaiser

(dpa/jwo) Edeka geht unter die Obstbauern, Lidl produziert Eiscreme, Rewe backt sein eigenes Brot. Und die Saar-Handelskette Globus hat neben Metzgerei und Bäckerei sogar eine eigene Sushi-Produktion in zahlreichen Märkten integriert. Immer häufiger beschränken sich die großen deutschen Lebensmittelhändler nicht mehr darauf, die Produkte Anderer zu verkaufen – sie werden selbst zum Produzenten. Vorreiter ist dabei Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka.

Die Kette aus Hamburg verfügt inzwischen über 17 eigene Fleischwerke, 16 Backbetriebe, eine Weinkellerei und eine Fruchtsaftproduktion. Erst im vergangenen Sommer kaufte Edeka auch noch eine Obstplantage in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Fläche von 200 Hektar. „Damit reduzieren wir die Abhängigkeit von der Industrie, erhöhen unsere Flexibilität und sichern die langfristige Warenversorgung unserer Kaufleute ab“, begründet das Unternehmen diese Strategie.

Doch ist Edeka damit nicht allein. Konkurrent Rewe hat ebenfalls vier eigene Produktionsstätten für Fleisch- und Wurstwaren und erzielt damit einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro. Die eigene Bäckerei liefert weitere 172 Millionen Euro an Erlösen. Abgerundet wird das Made-by-Rewe-Sortiment durch eine Blumenerde-Produktion im niedersächsischen Warenholz.

Die eigene Herstellung erlaube eine schnellere Reaktion auf Veränderungen im Markt, heißt es bei Rewe. Außerdem biete sie Vorteile in der Wertschöpfung. Zu deutsch: Sie bringt am Ende mehr Gewinn als der bloße Weiterverkauf von zugelieferten Produkten anderer Hersteller.

Globus setzt dagegen direkt auf die Herstellung vor Ort im Markt. Grund dafür ist vor allem der Wettbewerbsvorteil: „Wir können unseren Kunden dadurch besonders frische Waren bieten“, sagte Globus-Chef Thomas Bruch bei der Präsentation der Jahreszahlen. In den russischen Märkten sei das sogar das Markenzeichen der Globus-Hypermärkte.

Auch die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) produziert selbst Mineralwasser und Erfrischungsgetränke, Fleisch- und Wurstwaren, Backwaren, Schokolade und Trockenfrüchte. Erst vor kurzem nahm die Unternehmensgruppe außerdem eine eigene Eiscreme-Fabrik in Betrieb. Lidl wolle sich damit „unabhängiger machen von bisherigen Handelsmarken-Lieferanten“, schreibt das Fachblatt „Lebensmittel Zeitung“. Einzig Aldi zeigt sich bislang zurückhaltend. Zwar betreibt Aldi Süd seit Jahrzehnten zwei Röste­reien, um die Kunden günstig mit Kaffee zu versorgen. Doch das war es dann auch.

Für den Marketing-Experten Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU ist der Trend zur eigenen Herstellung gut nachvollziehbar. „Die eigenen Produktionsbetriebe steigern die Gewinne der Lebensmittelhändler. Denn Edeka, Rewe und Co. können dadurch auch noch den Anteil vom Gewinn kassieren, der sonst an die Hersteller geht“, erklärt er.

Für den Verbraucher ist es allerdings meist schwer, die von den Lebensmittelhändlern selbst hergestellten Produkte vom „normalen“ Angebot zu unterscheiden. Denn die Händler verstecken sich gern hinter anderen Namen. So firmiert die Rewe-Fleischproduktion unter „Qualitätsmetzgerei Wilhelm Brandenburg“, das Rewe-Brot kommt aus der „Glocken Bäckerei“. Der Edeka-Fruchtsaft wird unter dem Markennamen Sonnländer verkauft.

(dpa)
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