Rettungsfonds Griechenlandhilfe erhitzt noch einmal die Gemüter

Berlin · Der Haushaltsausschuss des Bundestags gibt nach erregter Debatte 15 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds ESM frei.

Wieder einmal beschäftigte Griechenland den Bundestag mitten in der Sommerpause. Der Haushaltsausschuss kam gestern zu einer Sondersitzung zusammen, um weitere 15 Milliarden Euro aus dem europäischen Rettungsfonds ESM freizugeben. Es ist die vorerst letzte Rate. Dass die Sitzung nötig war, hatte die Regierung in Athen zu verantworten. Denn eigentlich hatte der Bundestag am 29. Juni der Überweisung bereits zugestimmt. Sie ist die letzte Rate des 2015 beschlossenen 86 Milliarden Euro umfassenden dritten Hilfspakets. Doch einen Tag nach der Bundestagssitzung Ende Juni änderte das griechische Kabinett ein Detail der Reformvereinbarungen mit der EU, die Bedingung für die Hilfen sind: Die versprochene Angleichung der niedrigeren Mehrwertsteuersätze auf fünf griechischen Touristeninseln wurde kurzfristig um ein halbes Jahr auf den 1. Januar 2019 verschoben.

Das führt zwar nur zu Mindereinnahmen von 15 Millionen Euro im griechischen Haushalt, bot aber Anlass für grundsätzliche Kritik: Das notwendige Vertrauen in die Geldgeber sei durch das Vorgehen „zerstört“, die Geschäftsgrundlage für die Hilfszahlung „weggefallen“, sagte der liberale Haushaltspolitiker Otto Fricke. Athens Hinweis, man spare im Gegenzug im Wehretat, sei wenig hilfreich. Der werde sowieso nie ausgeschöpft. „Wir werden hinter die Zypresse geführt“, schimpfte Fricke. AfD-Parteichef Jörg Meuthen sagte: „Griechenland führt die Gläubigerstaaten erneut am Nasenring durch die Manege.“

Es ging ums Prinzip. Das erkannte auch die Bundesregierung. Sie legte die Auszahlung der 15 Milliarden Euro dem Haushaltsausschuss gestern erneut vor und versicherte dem Gremium, dass man die Mehrwertsteuerangleichung bei der Nachprüfung im Auge behalten werde. Die Sache ging nach kurzer Debatte durch. Außer der FDP und der AfD war nur die Linke gegen den Kredit. Letztere mit dem Argument, dass die „zerstörerische Kürzungs- und Privatisierungspolitik“ aufhören müsse.

Ab 20. August beginnt für Griechenland eine neue Zeit. Dann muss sich das Land wieder selbst an den Kapitalmärkten mit Geld versorgen. Vor allem an der Zinshöhe für die langfristigen Staatsanleihen wird sich zeigen, wie groß das Vertrauen in die Athener Regierung und ihren Reformeifer ist. Zumal im nächsten Jahr dort Wahlen sind. Der Internationalen Währungsfonds (IWF) äußerte sich Anfang der Woche skeptisch. Die IWF-Experten zweifeln demnach an der langfristigen Tragfähigkeit der Schulden. Zu harte Sparmaßnahmen schränkten zudem die Wachstumschancen ein. Der IWF ist seit langem für einen Schuldenschnitt.

Falls Griechenland die Zinsen an den freien Märkten nicht zahlen kann, könnte ein viertes Rettungspaket nötig werden. Eine kleine Hilfsreserve hat Deutschland noch im Portemonnaie. Die bisherigen Griechenland-Kredite spülten nämlich 1,9 Milliarden Euro Zinsgewinne in die Bundeskasse. Sie sollen nach und nach an Athen abgeführt werden. Die Regierung sagte gestern zu, vorher jedes Mal den Haushaltsausschuss zu beteiligen. Auch, um den Druck auf Athen aufrechtzuerhalten.

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