Gnadenfrist im Supermarktdrama

Mülheim · Nach einem Krisentreffen hat Karl-Erivan Haub die Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann für zwei Wochen ausgesetzt. In dieser Zeit soll eine Lösung für die angeschlagene Supermarktkette gefunden werden.

 Hoffnung statt Ladenschluss: Die Suche nach einer Lösung für die Supermarktkette dauert an. Foto: dpa

Hoffnung statt Ladenschluss: Die Suche nach einer Lösung für die Supermarktkette dauert an. Foto: dpa

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Letzte Frist für Kaiser's Tengelmann: Eigentümer Karl-Erivan Haub hat die Pläne zur Zerschlagung der verlustreichen Supermarktkette für zwei Wochen ausgesetzt. In dieser Zeit wollen Tengelmann, Edeka, Rewe und die Gewerkschaft Verdi einen letzten Versuch unternehmen, doch noch eine einvernehmliche Lösung zu finden. Scheitern die Verhandlungen, will Haub sofort mit dem Einzelverkauf der Filialen beginnen. Dies könnte dann das Aus für Tausende von Arbeitsplätzen bedeuten.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel begrüßte die Entscheidung Haubs. "Das, finde ich, ist eine große Chance", sagte der SPD-Chef. Er freue sich, dass der Tengelmann-Aufsichtsrat den zuvor drohenden Beschluss zur Zerschlagung des Unternehmens nicht gefasst habe. Die Beschäftigten könnten so noch einmal hoffen.

Eigentlich sollte der Ausverkauf der Supermarktkette nach Haubs Worten bereits in der kommenden Woche beginnen, weil sich die Lage des Unternehmens zunehmend verschlechtert. Der Kaufvertrag mit Edeka sollte aufgekündigt werden, und die ersten Angebote für die Filialen in der Vertriebsregion Nordrhein sollten eingeholt werden. Dies sei jetzt erst einmal ausgesetzt, sagte Haub - ebenso wie die für einen solchen Schritt erforderlichen Sozialplan-Verhandlungen.

Grund für den Meinungswandel sind die Fortschritte, die am Donnerstagabend bei einem Krisengipfel von Haub, Edeka-Chef Markus Mosa, Rewe-Chef Alain Caparros und dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske erzielt wurden. Bei dem Treffen war überraschend Bewegung in die seit Monaten verhärteten Fronten gekommen. Die Handelschefs verständigten sich, zeitnah eine "tragfähige, gemeinsame Lösung" für die angeschlagene Supermarktkette zu finden - im Interesse aller Beteiligten und der Beschäftigten.

"Ich bin dankbar, dass der "Runde Tisch" zustande gekommen ist, und hoffe, dass noch eine Lösung im Sinne unserer Mitarbeiter gefunden werden kann", sagte Haub.

Haub betonte, die Lage verschlechtere sich durch die nun seit fast zwei Jahren andauernde Hängepartie immer mehr: "Kundenzahlen und Umsätze sinken, und das Geschäft bricht zunehmend weg."

Bei den Beschäftigten keimte Hoffnung auf eine Rettung in letzter Minute auf. Der Berliner Betriebsratsvorsitzende Volker Bohne sagte, er setze nach wie vor auf eine Komplettübernahme des Konzerns durch Edeka.

Branchenprimus Edeka sowie Kaiser's Tengelmann hatten die Fusion vor etwa zwei Jahren beschlossen. Doch das Bundeskartellamt legte sein Veto ein. Zwar hebelte Gabriel das Zusammenschluss-Verbot über eine sogenannte Ministererlaubnis aus. Doch gelang es Rewe und Markant vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, die Umsetzung der Ministererlaubnis vorläufig zu stoppen.

Meinung:

Ein Signal der Vernunft

Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid

Offensichtlich ist bei der in Not geratenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann noch nicht alles verloren. Doch die Zeit drängt. Das jüngste Treffen ist ein Signal der Vernunft - nicht mehr. Allerdings wird deutlich, dass Edeka bei der Übernahme der 400 Filialen nicht in Gänze zum Zug kommt. Vielmehr dürfte Kaiser's Tengelmann aufgeteilt werden, wobei Rewe vermutlich die Mehrheit der Filialen erhält. Dann würde der Edeka-Konkurrent als Sieger vom Feld gehen. Das alles hätte man sich sparen können, wenn Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub nicht stur auf die einzige Karte Edeka gesetzt hätte. Ausbaden müssen es am Ende die Mitarbeiter.

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