Rohstoff-Erkundung Auf Merziger Gebiet soll Gips abgebaut werden

Merzig · Die Firma Knauf hat einen Antrag auf Probebohrungen gestellt. Der Rohstoff wird wegen der Energiewende in wenigen Jahren knapp.

Der Bergbau könnte im Saarland wieder eine Renaissance erleben. Allerdings soll nicht mehr Steinkohle aus der Erde geholt werden, sondern Gips. Die Firma Knauf aus dem unterfränkischen Iphofen hat einen Antrag auf Probebohrungen im Südosten der Stadt Merzig gestellt. 18  Bohrungen sollen es SZ-Informationen zufolge werden. Jede soll 60 und 70 Meter in die Tiefe getrieben werden.

Noch steht die Sache am Anfang. Der Merziger Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU) bestätigt, dass die Firma Knauf angefragt hat, ob sie auf Merziger Gebiet Probebohrungen machen kann. Sie „dürfen jedoch keinen zusätzlichen Lärm verursachen und auch die Umwelt darf nicht beeinträchtigt werden“, sagt Hoffeld. Zudem müssten das Oberbergamt des Saarlandes und die Grundstückseigentümer einverstanden sein. Derzeit sei man dabei, die vertraglichen Rahmenbedingungen abzustimmen. Auch das zuständige Umweltministerium teilte auf Anfrage mit, „dass die entsprechenden Unterlagen bei uns im Haus eingegangen sind“. Deren Prüfung habe aber noch nicht begonnen. Die Frist laufe bis 28. August.

Für die Firma Knauf, die seit Jahrzehnten mit dem Slogan „Ideen aus Gips“ wirbt, ist dieser Naturrohstoff von existenzieller Bedeutung. „Bis auf geringe Mengen an Zuschlägen ist Gips der alleinige Rohstoff für unsere Basis-Produkte“, sagt ein Firmensprecher. Bislang war das Unternehmen nicht so sehr auf die Vorräte im Boden angewiesen. Denn in den deutschen Kohlekraftwerken fielen während der vergangenen Jahrzehnte raue Mengen an Gips an. Das Material entsteht als Nebenprodukt  in den Rauchgas-Entschwefelungsanlagen (REA) der Stein- und Braunkohle-Kraftwerke. Dort sind solche Reinigungsanlagen seit 1983 Pflicht. Das bei der Kohleverbrennung freigesetzte Schwefeldioxid wird zu Gips, wenn Kalk und Sauerstoff beigemischt werden. Seitdem nutzen die Gipsverarbeiter – darunter auch die Firma Knauf – diesen REA-Gips in großem Stil. So hat Knauf sein saarländisches Gipswerk in den 1980er Jahren von Rehlingen-Siersburg nach Völklingen-Fenne verlegt – direkt neben den dortigen Kraftwerkspark, um die Transportwege zu verringern.

Fakt ist allerdings, dass die Kohlekraftwerke wegen der Energiewende immer seltener am Netz sind und daher das Aufkommen an REA-Gips seit etwa drei Jahren rückläufig ist. 2013 lag es in Deutschland noch bei 7,2 Millionen Tonnen. Im Jahr 2020 könnten es nur noch 5,8 Millionen sein. Wird der Klimaschutzplan der Bundesregierung konsequent umgesetzt, wird es spätestens 2050 keinen REA-Gips mehr geben. Auf der anderen Seite liegt der Bedarf in Deutschland – je nach Konjunktur – konstant zwischen acht und zehn Millionen Tonnen.

Also muss Knauf nach neuen Vorkommen Ausschau halten. Dies tut das Unternehmen in ganz Deutschland. Von den Gips-Lagerstätten in Merzig verspricht sich Knauf einiges. „Bereits 1969 wurde das betreffende Muschelkalk-Plateau südöstlich der Stadt intensiv geologisch untersucht – auch einige wenige erste Bohrungen niedergebracht“, teilte das Unternehmen mit. Merziger Straßennamen wie „Am Gipsberg“ lassen vermuten, dass der Rohstoff dort auch schon früher aus der Erde geholt wurde.  Knauf geht davon aus, dass „das Vorkommen bei Merzig ein hohes Vorratspotenzial hat“. Wenn „die zu erwartenden Mengen und Rohstoffqualitäten sich durch die Bohrungen bestätigen, könnte das Gips-Aufkommen das Knauf-Werk in Fenne für sicherlich 50 Jahre weiter versorgen und so den Standort erhalten“, heißt es bei dem Unternehmen. Dass es jetzt schon zu Probebohrungen kommt, begründet Knauf mit den langen Zeiträumen, die erwartet werden, bis der Abbau beginnen kann. Die Franken rechnet wegen der erwartbaren „sehr lang andauernden Genehmigungsverfahren“ und dem möglichen Auffahren einer Grube mit einem Zeitraum von 15 Jahren. Sollte ein Abbau an der Saar verwehrt werden, müsste das Völklinger Werk verlagert werden. Über die Anzahl der Mitarbeiter dort macht Knauf keine Angaben. Die Erlöse aus dem Gips-Abbau kämen  den Grundstückseigentümern zugute. „Daher müssen diese auch einverstanden sein“, heißt es beim Bergamt.

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