Gabriels Abkehr von TTIP regt auf

Berlin · Das geplante TTIP-Freihandelsabkommen mit den USA ist in Deutschland nicht populär. Dass Gabriel das Projekt für tot erklärt hat, kommt bei der Wirtschaft nicht gut an. Die EU hält am Ziel fest: Ende 2016 soll TTIP stehen.

 Immer wieder wird in Deutschland gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und Ceta protestiert. Foto: dpa

Immer wieder wird in Deutschland gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und Ceta protestiert. Foto: dpa

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Mit seinem Abgesang auf das Freih andelsabkommen TTIP hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) die Union und die Wirtschaftsverbände gegen sich aufgebracht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) hält gar nichts davon, das geplante Abkommen zwischen der EU und den USA jetzt schon für tot zu erklären. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Merkel sehe es als ihre Aufgabe, abzuwarten, was die EU in den Verhandlungen mit den USA erreichen könne. Schon oft sei das Entscheidende erst in der letzten Runde von Gesprächen passiert. Er räumte aber ein, dass die Positionen der Verhandlungspartner in wichtigen Fragen voneinander abweichen. Doch "es ist richtig, weiter zu verhandeln ."

Auch die EU-Kommission hält Gabriels Absage an TTIP für vorschnell. Die Kommission sieht durchaus noch eine Chance für das transatlantische Handelsabkommen. "Wenn die Bedingungen stimmen, ist die Kommission bereit, dieses Abkommen bis Ende des Jahres unter Dach und Fach zu bringen", sagte Kommissionssprecher Margaritis Schinas. "Der Ball rollt noch."

SPD-Chef Gabriel hatte am Wochenende die Verhandlungen zu dem umstrittenen Handelspakt für "de facto gescheitert" erklärt, "weil wir uns den amerikanischen Forderungen natürlich als Europäer nicht unterwerfen dürfen". Er verwies auf die harte Verhandlungslinie der USA. "Da bewegt sich nichts", sagte Gabriel.

D er Vize der CDU /CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs , warnte: "Die Gewichte in der Welt verschieben sich immer mehr Richtung Asien." Deutschland und die EU hätten in dieser Situation die Wah l: " Wollen wir Handelsregeln weiter mitbestimmen oder machen wir uns zu Zaungästen?" "Ich finde es erstaunlich, dass der Bundeswirtschaftsminister die TTIP-Verhandlungen für de facto gescheitert erklärt", sagte Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI ). Dies sei politisch fragwürdig. Von der Bundesregierung erwarte der BDI "einen wesentlich stärkeren öffentlichen und politischen Einsatz" für TTIP. Die TTIP-Verhandlungen mit den USA seien zweifellos eine Herausforderung, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). "Aber wir haben gemeinsame Interessen und Werte, daher sollten wir nicht nachlassen, die Verhandlungen ernsthaft weiter zu führen." Als Wirtschaftsminister der "Exportnation Deutschland" müsse sich Gabriel "ohne Wenn und Aber" für den Freihandel einsetzen, sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Der Maschinenbauverband VDMA forderte den Minister zum Einsatz für den Freihandel auf .

Nur aus der eigenen Partei und aus dem Gewerkschaftslager erhielt Gabriel Unterstützung. IG-Bauen-Agrar-Umwelt-Chef Robert Feiger sagte, alles was bisher über TTIP bekannt sei, widerspreche "unserer Vorstellung von einem Zusammenleben in Europa".

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA soll Handelsbarrieren senken und Normen bei Produkten und Verfahren angleichen. Allerdings stocken die Gespräche um das umstrittene Vertragswerk seit längerem. Gegner befürchten, durch TTIP könnten hiesige Umwelt- und Sozialstandards aufgeweicht werden.

Obwohl Gabriel TTIP keine Chance mehr gibt, befürwortet er das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta), das bereits fertig verhandelt ist. Die SPD will über den Umgang mit Ceta auf einem Parteikonvent am 19. September beraten. Für die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn ist das inkonsequent. Sie schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter , wenn Gabriel TTIP für gescheitert erkläre, müsse er auch gegen "dessen Blaupause" Ceta sein.

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