Währungspolitik EZB lässt Zinsen noch bis Sommer 2019 stabil

Frankfurt/Riga (dpa) Nach Jahren im Krisenmodus peilt die Europäische Zentralbank (EZB) ein Ende der umstrittenen Anleihenkäufe und der Niedrigzinsphase an. Die Zinsen sollen aber mindestens bis Sommer 2019 gleich bleiben.

Die Anleihekäufe dagegen sollen schon zum Jahresende eingestellt werden. Das teilten die Währungshüter nach ihrer Sitzung in der lettischen Hauptstadt Riga mit.

Zunächst will die EZB die Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen vorsichtig abschmelzen. Derzeit pumpt die Notenbank pro Monat 30 Milliarden Euro in den Markt. Sollte sich die Inflation weiter wie zuletzt entwickeln, will die Notenbank von Oktober bis einschließlich Dezember monatlich noch 15 Milliarden Euro in Wertpapiere stecken.

„Es ist sehr zu begrüßen, dass das Kaufprogramm der EZB beendet wird“, lobte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Normalisierung der Geldpolitik.“ Der Dax drehte nach Bekanntgabe der EZB-Entscheidung ins Plus.

Eine Hintertür lässt sich die Notenbank jedoch offen. EZB-Präsident Mario Draghi betonte: „Der EZB-Rat ist in jedem Fall bereit, alle seine Instrumente angemessen anzupassen, um sicherzustellen, dass sich die Inflation weiterhin nachhaltig in Richtung des Inflationsziels des EZB-Rats bewegt.“

Seit Beginn des Kaufprogramms im März 2015 hat die Notenbank Wertpapiere im Gesamtwert von gut 2,4 Billionen Euro erworben. Das viele billige Geld sollte der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge helfen und zugleich die Teuerung anheizen. Mittelfristig strebt die EZB Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Im Mai stieg die Jahresinflationsrate im Euroraum nach einer ersten Schätzung des Statistikamtes Eurostat getrieben vor allem von höheren Energiepreisen auf 1,9 Prozent. Die EZB erwartet sowohl in diesem Jahr als auch 2019 und 2020 eine Jahresteuerung von 1,7 Prozent.

Bezüglich der Konjunkturaussichten für den Euroraum zeigten sich die Währungshüter etwas weniger optimistisch als noch im März. Mit Sorge betrachten die Währungshüter wachsende Handelskonflikte – etwa zwischen den USA und der EU. Im laufenden Jahr traut die EZB dem Euroraum 2,1 Prozent Wachstum zu, im März war die Notenbank noch von 2,4 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgegangen. 2019 soll die Wirtschaft der 19 Länder unverändert um 1,9 Prozent zulegen.

Den Leitzins im Euroraum hält die EZB wie erwartet weiterhin auf dem Rekordtief von null Prozent. Die EZB solle die Zinswende „möglichst bald im Jahr 2019“ einläuten, mahnte Andreas Martin, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR): In den USA schreitet die Normalisierung der Geldpolitik längst voran: Die Notenbank Fed erhöhte am Mittwoch den Leitzins um weitere 0,25 Punkte auf eine Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent. So hoch waren die US-Zinsen zuletzt 2008 vor dem Höhepunkt der Finanzkrise. Und die Fed signalisierte für 2018 zwei weitere Zinsanhebungen.

(dpa)
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