Eurogruppe streitet über Griechenland

Brüssel · Vor einer Einigung über neue Finanzhilfen steht die Diskussion über mögliche Schuldenerleichterungen.

 Die Euro-Finanzminister diskutierten gestern über weitere Hilfen für Griechenland. Foto: dpa

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(dpa/SZ) Deutschland sieht gute Chancen für frische Kredite an das überschuldete Griechenland. "Ich hoffe, dass wir heute zu einer Lösung kommen, die politisch die Sache abschließt", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble gestern vor Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Doch überschattete erneut der Streit über Schuldenerleichterungen das zähe Ringen um einen Durchbruch. Auch die Bundesregierung ist sich darüber nicht einig.

Es geht um die nächste Tranche aus dem bereits 2015 aufgelegten Hilfsprogramm für Griechenland. Die letzten Voraussetzungen für eine Auszahlung hat das griechische Parlament in der Nacht zum Freitag auf den Weg gebracht: Ein Sparpaket mit einem Volumen von knapp fünf Milliarden Euro. Die Maßnahmen sind hart: 2019 und 2020 sollen die griechischen Renten noch einmal gekürzt werden. Außerdem sollen alle Griechen mehr Steuern zahlen, indem der Grundfreibetrag drastisch sinkt, ab dem die Besteuerung der Einkommen einsetzt. Diese Reformen sollen die Haushaltslage des seit 2010 am Tropf der Geldgeber hängenden Landes so verbessern, dass Athen dann einen Haushaltsüberschuss vor dem Schuldendienst (Primärüberschuss) von 3,5 Prozent von der gesamten Wirtschaftsleistung erzielen kann. Für eine Auszahlung müssen die Euro-Finanzminister formell bestätigen, dass die Reformen ausreichen. Die EU-Kommission hält das für gegeben.

Zweite Bedingung ist für Deutschland jedoch, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) sich an dem Hilfsprogramm beteiligt, das bisher nur von den europäischen Partnern Griechenlands gestemmt wird. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mahnte den IWF gestern noch einmal: "Es ist Zeit für den IWF, an Bord zu kommen." Der IWF zweifelt allerdings daran, dass die Schuldenlast des EU-Landes langfristig tragfähig ist. Deshalb fordert die Washingtoner Institution Schuldenerleichterungen für Griechenland. Schäuble will darüber aber frühestens 2018 entscheiden, wenn das Hilfsprogramm ausläuft.

Beide Positionen seien noch nicht in Übereinstimmung zu bringen, sagte Schäuble vor der Brüsseler Sitzung. "Deswegen müssen wir schauen, wie wir mit dem IWF eine Lösung finden, dass der IWF sich weiter am Programm beteiligt, ohne gegen seine Regeln zu verstoßen", fügte der CDU-Politiker hinzu. "Und das wird eines der schwierigen Dinge sein." Trotzdem sei er zuversichtlich, dass eine Lösung möglich sei.

Auch sein neuer französischer Kollege Bruno Le Maire gab sich überzeugt, dass man einen Kompromiss finden werde. Der ebenfalls aus Frankreich stammende Finanzkommissar Pierre Moscovici forderte Bewegung. Das Parlament in Athen habe ein ambitioniertes und schmerzhaftes Sparprogramm beschlossen, jetzt sei es an den Kreditgebern, Verantwortung zu übernehmen, sagte Moscovici. "Das griechische Volk braucht dringend einen Durchbruch."

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel dringt auf konkrete Zusagen für Erleichterungen ab 2018. "Immer wieder ist Griechenland eine Schuldenerleichterung versprochen worden, wenn die Reformen durchgeführt werden", sagte der SPD-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". "Jetzt müssen wir zu diesem Versprechen stehen."

Der neue französische Präsident Emmanuel Macron setzt seinerseits auf eine baldige Vereinbarung, um Griechenlands Schuldenlast dauerhaft zu erleichtern. Schäuble kontert, für Verhandlungen jetzt wäre ein neues Mandat des Bundestags nötig. Griechenland hat nach Angaben der EU-Kommission mit knapp 179 Prozent der Wirtschaftsleistung mit Abstand die höchste Schuldenlast in der Eurozone. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.

Zum Thema:

Erneute Kritik am Exportüberschuss Die EU-Kommission hat erneut Deutschland wegen seiner Exportüberschüsse gerügt. Das Land müsse die heimische Nachfrage ankurbeln und so den Exportdruck auf andere Länder senken, hieß es. Insgesamt sieht die EU-Kommission die Lage in Europa positiv. Das Wirtschaftswachstum werde sich im sechsten Jahr in Folge fortsetzen.

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