Gegen Monopol in Europa EU-Kommission wird offenbar Siemens-Alstom-Fusion verbieten

Brüssel · Der „Airbus für die Schiene“ wird wohl nie kommen. Die Brüsseler Wettbewerbshüter wollen eine Dominanz eines Zughersteller-Megakonzerns verhindern.

 Die Hersteller der  Hochgeschwindigkeitszüge TGV  und ICE wollten Europas größten Zughersteller formen.

Die Hersteller der  Hochgeschwindigkeitszüge TGV  und ICE wollten Europas größten Zughersteller formen.

Foto: dpa/Marijan Murat

Die EU-Wettbewerbshüter werden die geplante Bahn-Fusion von Siemens und dem französischen Konkurrenten Alstom heute untersagen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur gestern aus informierten Kreisen. Das Großprojekt eines „Airbus für die Schiene“ ist damit gescheitert.

Der ICE-Hersteller Siemens und der TGV-Bauer Alstom wollten ursprünglich ihre Bahnsparten zusammenlegen, um zu Europas größtem Produzenten aufzusteigen und vor allem im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Der Blick richtete sich dabei vor allem auf den weltweit größten Zughersteller aus China, CRRC, der seine Fühler mittlerweile auch nach Europa ausstreckt.

Siemens und Alstom wollten CRRC einen europäischen Großkonzern entgegenstellen. Doch daraus wird nun wohl nichts. Die EU-Kommission hatte erhebliche Bedenken, dass sich der Zusammenschluss negativ auf den Binnenwettbewerb in Europa und letztlich auch auf die Verbraucher auswirken würde.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sah das Vorhaben bereits in den vergangenen Wochen äußerst kritisch. „Es ist nur so, dass Champion zu sein in diesen herausfordernden Zeiten mehr bedeuten muss, als nur eine europäische Flagge zu schwenken“, sagte sie unlängst. Europa könne starke Unternehmen nicht mit Fusionen aufbauen, die dem Wettbewerb schadeten. Details ihrer Ablehnung sollte sie nun heute mitteilen.

Die Entscheidung dürfte in Berlin und Paris erheblichen Unmut auslösen. Sowohl die Bundesregierung als auch die französische Regierung hatten sich in den vergangenen Wochen für den Zusammenschluss starkgemacht. „Industrielle Entscheidungen im 21. Jahrhundert können nicht auf der Grundlage von Wettbewerbsregeln getroffen werden, die im 20. Jahrhundert festgelegt wurden“, sagte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte etwa neue europäische „Champions“ und nannte als Beispiel die fusionierten Zugsparten.

Um die negativen Auswirkungen auf den europäischen Wettbewerb zu minimieren, verlangten die EU-Wettbewerbshüter von Siemens und Alstom unter anderem weitreichende Veräußerungen bei der Signaltechnik sowie langjährige Lizenzierungen von Technik für Hochgeschwindigkeitszüge. Ende Januar legten die beiden Unternehmen noch einmal in einem ungewöhnlichen Schritt Zugeständnisse nach. Da wurde jedoch bereits gemutmaßt, dass diese möglicherweise nicht ausreichen könnten.

Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge sagte der Tageszeitung „Le Figaro“, einen zweiten Anlauf für eine Fusion mit Siemens werde es nicht geben. „Ein Veto wäre ein sehr schlechtes Zeichen für die europäische Industrie“, fügte er hinzu. Der Alstom-Chef bezeichnete es als „wahrscheinlich“, dass die Kommission die Fusion verbieten werde.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier brachte in der Debatte auch Änderungen am EU-Wettbewerbsrecht ins Spiel. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker erklärte jedoch gestern, die Kommission werde bei Wettbewerbsentscheidungen „niemals Politik spielen“ oder Sonderbehandlungen gewähren.

Der Spitzenkandidat der europäischen Konservativen bei der Europawahl, Manfred Weber (CSU), hatte die Kommission am Montag noch gewarnt: „Für mich wäre diese Entscheidung ein schwerer Fehler“, schrieb er in einem Gastbeitrag in der Zeitung „L‘opinion“. Die europäische Exekutive würde, „das einzige Unternehmen im Keim ersticken“, das es auf dem Weltmarkt für Eisenbahntechnik mit dem chinesischen Staatsunternehmen CRRC aufnehmen könnte.

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