EU weist Italiens Haushalt zurück Italiens Regierung gerät weiter unter Druck

Brüssel · Nachdem die EU-Kommission den Haushalt der Regierung zurückgewiesen hat, spricht Ministerpräsident Conte heute mit Juncker.

 Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte will im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission nicht einlenken. Heute will er in Brüssel die Haltung der italienischen Regierung erläutern.

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte will im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission nicht einlenken. Heute will er in Brüssel die Haltung der italienischen Regierung erläutern.

Foto: dpa/Alessandro Di Meo

Der Streit um den italienischen Haushalt eskaliert. Gestern wies die EU-Kommission in Brüssel den Etat der Regierung in Rom für 2019 zurück, weil die geplanten Ausgaben nicht akzeptabel seien. Heute werden zumindest noch einmal Gespräche geführt. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte kommt nach Brüssel. Eine Chance auf Einigung wird im Vorfeld jedoch nicht gesehen, da Conte die Haushaltsmaßnahmen nur erklären, aber nichts korrigieren will.

Die EU-Kommission hat den Druck auf das überschuldete Italien gestern drastisch erhöht. „Mit dem, was die italienische Regierung auf den Tisch gelegt hat, sehen wir die Gefahr, dass das Land in die Instabilität schlafwandelt“, sagte der für den Euro zuständige Vizepräsident der Behörde, Valdis Dombrovskis. Er empfahl zugleich, gegen Rom ein Defizitverfahren einzuleiten. Doch dazu ist noch die Zustimmung der Finanzminister des Euro-Raums nötig. Im Dezember könnten sie entscheiden.

Es ist ein hartes Vorgehen, das die Kommission nun vorschlägt, nachdem sich die Links-Rechts-Koalition am Tiber bisher nicht bereit gezeigt hat, ihre Pläne für das nächste Jahr zu ändern. Die Bewertung aus Brüssel spricht eine eindeutige Sprache: Der öffentliche Schuldenstand lag im Jahr 2017 bei 131,2 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung – erlaubt sind 60 Prozent. Dies entspricht einer Schuldenlast für jeden italienischen Bürger von 37 000 Euro – nach Griechenland der höchste Wert in der Euro-Zone. Hinzu komme, dass der Entwurf der römischen Regierung gegenüber den Vorgaben der Kommission „erhebliche Mängel“ aufweise, da die Neuverschuldung nicht – wie vereinbart – bei höchstens 0,8 Prozentpunkten liegt, sondern auf 2,4 Prozentpunkte angehoben werden soll. Damit nicht genug. Die Kommission kreidet der italienischen Regierung auch an, „in der Vergangenheit vorgenommene wachstumsfördernde Strukturreformen, insbesondere die Rentenreform, in erheblichem Maße zurückzunehmen“. Außerdem seien die geplanten Mehrausgaben – eine Grundsicherung nach Hartz-IV-Vorbild, ein niedrigeres Renteneintrittsalter sowie Steuererleichterungen – eine „erhebliche Abweichung“ von den bisher besprochenen Maßnahmen zum Abbau des übermäßigen Defizits.

Heute will Premierminister Giuseppe Conte bei einem Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel noch einmal um Verständnis für sein haushaltspolitische Vorgehen werben. Mit einem Entgegenkommen sei nicht zu rechnen, hieß es gestern. Schließlich hatte Innenminister Matteo Salvini, Chef der rechten Lega Nord, bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Brüsseler Position angekündigt, man werde „Kurs halten“.

Sollten die Euro-Finanzminister einem Defizitverfahren zustimmen (was bisher nur in wenigen Fällen geschehen ist), müsste Italien 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Vorjahres (also 2017) in Brüssel hinterlegen. Bei anhaltendem Ungehorsam kann dieser Betrag dann in eine Geldbuße umgewandelt und einbehalten werden.

Dabei fiel der Gesamtbericht der Kommission eigentlich positiv aus. Noch nie waren so viele Menschen in der Europäischen Union erwerbstätig: 239 Millionen im zweiten Quartal 2018. Allein seit dem Amtsantritt der Juncker-Kommission 2014 entstanden zwölf Millionen neue Jobs. Um insgesamt fünf Millionen sank die Zahl der Bürger, die in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Auch bei älteren Arbeitnehmern gebe es eine „erhebliche Steigerung“ der Beschäftigungsquote, heißt es in dem Kommissions-Bericht.

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