Diesel-Gipfel Eine Milliarde für saubere Luft

Berlin · Viele Städte befürchten Fahrverbote für Diesel-Autos. Der Bund legt nun bei der Förderung von Maßnahmen gegen Luftverschmutzung eine halbe Milliarde drauf.

 Für die Vertreter der Kommunen hat sich der Diesel-Gipfel offenbar gelohnt.

Für die Vertreter der Kommunen hat sich der Diesel-Gipfel offenbar gelohnt.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Erst vier Wochen ist es her, dass die Bundesregierung zum großen Dieselgipfel lud. Autobosse, Verbandschefs und Ministerpräsidenten kamen nach Berlin, um über Maßnahmen gegen zu schmutzige Luft in Städten zu beraten. Nur die Chefin war nicht da. Jetzt hat sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich eingeklinkt und mit Bürgermeistern aus der halben Republik an den Tisch gesetzt. Auch SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel war dabei. Ergebnis: Der Bund macht eine halbe Milliarde zusätzlich locker. Hier die Hintergründe und Details:

Was ist das Problem in den Städten?

In vielen Kommunen ist die Luft mit gesundheitsschädlichem Stickoxid (NOx) aus Diesel-Auspuffen belastet. Deutschland hat deswegen schon Ärger mit der Europäischen Union. Autofahrern könnten gerichtlich erzwungene Fahrverbote in vielen Städten drohen, wenn Grenzwerte anders nicht einzuhalten sind.

Was wurde im Kanzleramt beschlossen?

Der Bund stockt einen Fonds, der bisher 500 Millionen Euro schwer sein sollte, auf eine Milliarde auf. Davon soll die Autoindustrie 250 Millionen zahlen, 750 Millionen der Bund. Das Geld stehe noch im laufenden Haushalt zur Verfügung, versprach Merkel. Und es soll nun allen Städten zugute kommen, die mit zu hohen NOx-Werten zu kämpfen haben. 2016 überschritten mehr als 80 die Grenzwerte.

Wofür ist das Geld gedacht?

Welche Projekte gefördert werden, ist noch offen. Klären soll das eine neue Koordinierungsstelle von Bund, Ländern und Städten. Gehen könnte es etwa um bessere Angebote im öffentlichen Nahverkehr, eine schnellere Umstellung auf Elek­tro-Fahrzeuge, bessere Ladeinfrastruktur, Leitsysteme gegen Staus oder neue Radwege. Teils gibt es dafür auch schon bestehende Förderprogramme, unabhängig vom neuen Fonds.

Was soll sonst noch für saubere Luft getan werden?

Beim Dieselgipfel sagten die deutschen Hersteller Anfang August neue Abgas-Software für zusätzliche 2,8 Millionen Fahrzeuge zu. Bei knapp 2,5 Millionen VW-Diesel ist das ohnehin amtlich angeordnet. Zudem bieten mehrere Marken Extraprämien für den Kauf sauberer Neuwagen an, damit alte Diesel von den Straßen kommen. Forderungen nach Umbauten direkt an den Motoren lassen die Konzerne bisher abprallen.

Sind Fahrverbote damit vom Tisch?

Nein, denn dafür muss die Luftverschmutzung schnell unter die Grenzwerte gedrückt werden. Das Umweltbundesamt hat schon ausgerechnet, dass Software-Updates und Umtauschprämien nicht ausreichen werden.

Sind die Städte mit dem Ergebnis zufrieden?

Gegen mehr Geld vom Bund hat niemand etwas einzuwenden. Die Oberbürgermeister machten aber deutlich, dass Lösungen nicht überall gleich aussehen könnten. In München würde eine Umstellung der Busflotte auf E-Antrieb nur vier Prozent NOx einsparen, sagte Dieter Reiter (SPD). Sein Aachener Kollege Marcel Philipp (CDU) forderte eine „Vision, wo wir insgesamt hinwollen“. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) mahnte, ohne eine bessere Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs werde es nicht gehen. Und Michael Ebling (SPD) aus Mainz sagte, dass eine Milliarde nicht reichen werde.

Wie geht es weiter?

Merkel plant schon einen zweiten Dieselgipfel im November. Da werde man „ein ganzes Stück weiter sein“. Gespräche mit der Autoindustrie laufen weiter. Vier Expertengruppen beschäftigen sich unter anderem mit Umrüstung und städt­ischen Fahrzeugflotten, sie sollen im Herbst Ergebnisse vorlegen. Außerdem will der Bund die auslän­dischen Autobauer ins Boot bekommen.

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