Tarifstreit bei der Bahn Drohen nach Weihnachten Zugausfälle?

Eisenach/Berlin · Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn werden zur Hängepartie. Der Streit mit der Lokführergewerkschaft könnte sogar eskalieren.

 GDL-Chef Claus Weselsky hat die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn erneut für gescheitert erklärt.

GDL-Chef Claus Weselsky hat die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn erneut für gescheitert erklärt.

Foto: dpa/Bodo Schackow

Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn drohen Fahrgästen offenbar doch Zugausfälle nach Weihnachten. Es könnte sein, dass viele Lokführer nicht zum Dienst erscheinen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) werde zwar in der Weihnachtszeit sowie Anfang Januar nicht zu Streiks aufrufen. Es könne aber passieren, dass Lokführer ihre vielen Überstunden mit Freizeit abgelten. „Dass das mit einem Streik vergleichbar sein könnte, ist nicht unsere Schuld“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky. Offiziell zum Streik aufrufen darf die GDL nach geltender Vereinbarung erst nach dem Ende einer Schlichtung. Auf eine Schlichtung läuft es nach Einschätzung der Gewerkschaft hinaus. Verhandelt wird für rund 36 000 Beschäftigte der Bahn.

Das jüngste Angebot der Deutschen Bahn will die GDL nun doch nicht akzeptieren. „Wir sind nicht mehr bereit, auf der Basis dieses Angebots einen Tarifvertrag zu unterschreiben, sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Freitag in Eisenach. Er erklärte die Verhandlungen erneut für gescheitert. Ein Abschluss mit der Bahn sei nun nur noch mit einem besseren Angebot möglich, sagte Weselsky. Grund für die Entscheidung der GDL sei, dass die Bahn ein bis Freitag elf Uhr laufendes Ultimatum verstreichen ließ, den eigentlich mit der GDL bereits ausverhandelten Tarifvertrag in Eisenach zu unterschreiben. Das Angebot vom Mittwoch sah laut GDL-Chef in der ersten Stufe ein Lohnplus von 3,2 Prozent vor – jedoch bei einer Laufzeit von 34 Monaten. Weselsky lehnte dieses Tarifangebot zunächst ab, akzeptierte es dann und lehnte es nun wieder ab.

Die Tarifgespräche in Eisenach wurden am Freitag beendet. Weselsky warf der Bahn Taktiererei vor. Sie setze dadurch einen „Tarifabschluss in den Sand“. Als möglichen Grund für das Agieren der Bahn nannte der GDL-Chef die noch laufenden Verhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Deshalb sei die Bahn wohl unschlüssig. Sollte sich das Vorgehen der Bahn als Angriff auf die Existenz der GDL herausstellen, „dann werden wir uns zu wehren wissen“, sagte der Gewerkschaftschef.

In der Tat liefen die Verhandlungen mit der EVG am Freitag weiter. Für die EVG sagte ein Sprecher am Freitagnachmittag: „Wir sind weiterhin gesprächsbereit.“ Wenig später trafen sich die Delegationen beider Seiten wieder. Zu Details wurde nichts mitgeteilt. In der Auseinandersetzung ging es zuletzt um die Höhe der Lohnsteigerung für rund 160 000 Beschäftigte der Deutschen Bahn und um die Länge der Vertragslaufzeit.

Beide Gewerkschaften waren vor zwei Monaten mit der Forderung von insgesamt 7,5 Prozent mehr Geld in die Verhandlungen gegangen. Vor dem EVG-Warnstreik hatte die Bahn eine Einkommenserhöhung in zwei Stufen angeboten: 2,5 Prozent ab März 2019 und weitere 2,6 Prozent ab Januar 2020, dazu eine Einmalzahlung von 500 Euro, bei einer Vertragslaufzeit von 29 Monaten.

Die besondere Schwierigkeit der Verhandlungen besteht darin, dass die Bahn mit beiden rivalisierenden Gewerkschaften wie bisher widerspruchsfreie Verträge abschließen will. Damit werden alle Mitarbeiter jeweils einer Berufsgruppe gleich behandelt, egal ob sie der GDL, der EVG oder keiner Gewerkschaft angehören.

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