Der Dieselgipfel hat geburtstag Die Luft ist ein bisschen besser geworden

Berlin · In dem Jahr nach dem Diesel-Gipfel ist einiges passiert. Doch die Hardware-Nachrüstung bei älteren Fahrzeugen bleibt umstritten.

Die Vermessung der Diesel-Welt. Die strengere Überprüfung durch Messgeräte trägt erste Früchte.

Die Vermessung der Diesel-Welt. Die strengere Überprüfung durch Messgeräte trägt erste Früchte.

Foto: dpa/Patrick Pleul

(dpa) Die Zeit der Unsicherheit ist nicht vorbei. Längst nicht. Vor allem für Autofahrer, die einen älteren Diesel haben. Abgas-Manipulationen lasten weiter auf dem Image der Technologie, die einmal eine deutsche Erfolgsgeschichte war und das Vertrauen von Millionen Kunden genoss. Zentrale Fragen in der Dieselkrise sind nach wie vor ungeklärt – auch ein Jahr nach dem „Dieselgipfel“. Die Krise ist in vollem Gange, als sich am 2. August 2017 in Berlin mehrere Bundesminister, Ministerpräsidenten und Autobosse treffen. In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte überschritten, als Schuldige gelten vor allem Dieselabgase mit dem erhöhten Ausstoß an Stickoxiden.

Der Gipfel beschließt ein umfangreiches Maßnahmenpaket. Insgesamt rund 5,3 Millionen Euro-5- und Euro-6-Diesel sollen durch Updates der Motor-Software sauberer werden. Das soll den Stickoxid-Ausstoß der Fahrzeuge im Schnitt um 25 bis 30 Prozent senken. Mit „Umstiegsprämien“ wollen die Autobauer Besitzer älterer Diesel motivieren, Autos zu kaufen. Mit einem milliardenschweren Fonds sollen in Städten Maßnahmen für bessere Luft gefördert werden.

Ein Jahr nach dem Gipfel lässt sich sagen: Es hat sich einiges getan – ob das dem Diesel immer geholfen hat, ist eine andere Sache. Immerhin: Die Zahl der Städte, in denen Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden, ist gesunken – auf noch 65 Städte 2017, nach 90 ein Jahr zuvor. Die Luft sei besser geworden, bilanziert der Autoverband VDA: Weit mehr als 200 000 Kunden haben die Umweltprämien alleine der deutschen Autobauer zum Umstieg von einem alten Diesel auf ein saubereres Fahrzeug genutzt.

Das ist so etwas wie die „Habenseite“ von Politik und Autobranche ein Jahr nach dem Gipfel. Aber: Bei wichtigen Zusagen hakt es. Bei den freiwilligen Software-Updates hat die Branche noch viel zu tun. Bisher sind nach Angaben des Verkehrsministeriums rund 2,9 Millionen Fahrzeuge umgerüstet worden – darunter aber sind 2,5 Millionen VW, aus denen eine illegale Software entfernt werden musste. Bis zum 1. September sollen die Hersteller die Software-Entwicklung abschließen, bis Jahresende sollen die Updates eigentlich durchgeführt sein – das dürfte eng werden.

Dann kommen die richtig dicken Brocken. „Pauschale Fahrverbote“ sollten vermieden werden, das war ein zentraler Punkt des Dieselgipfels. Zwar gibt es bis heute keine flächendeckenden Verbote. Aber es gibt Verbote. In Hamburg als bundesweit erster Stadt sind zwei Straßenabschnitte in der Innenstadt für ältere Diesel gesperrt – nachdem im Februar das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erklärt hatte, wenn sie verhältnismäßig sind. Die stark belastete Stadt Stuttgart plant von 2019 an Einschränkungen für Diesel der Euro-Abgasnorm 4 und schlechter.

Bleibt das in der Politik bis heute umstrittenste Thema: Hardware-Nachrüstungen, und zwar auf Kosten der Hersteller. Auf wenn viele darauf drängen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist gegen eine solche Hardware-Nachrüstungen – er hat rechtliche, technische und finanzielle Bedenken. Auch die Hersteller lehnen solche Nachrüstungen weiter ab: zeitlich zu aufwendig, zu komplex und teuer, außerdem mit negativen Folgen etwa für den Verbrauch, so die Begründung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nun eine Entscheidung innerhalb der Koalition bis Ende September angekündigt.

Es ist vor allem die Frage der Hardware-Nachrüstungen, die bis heute bei Umweltverbänden für die größte Kritik sorgt. So sagt Marion Jungbluth, Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband: „Die Dieselfahrer werden komplett alleine gelassen.“ Alleine gelassen fühlen sich viele Dieselfahrer. auch bei der Frage nach den Wertverlusten ihrer Autos. Der Handel berichtete über viele Wagen, die auf den Höfen stehen, weil sie nur noch schwer verkäuflich sind.

Auf dem Gebrauchtwagenmarkt hat es zuletzt wenigstens keine weiteren Preisstürze gegeben, wie die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) Mitte Juli berichtete. Auch die Lage bei den Diesel-Neuzulassungen scheint sich nach einer langen Talfahrt stabilisiert zu haben.

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