DGB trommelt für mehr Gerechtigkeit

Berlin · Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert die Parteien im Wahljahr auf, die soziale Sicherheit und Gerechtigkeit im Land zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche es unter anderem eine stärkere Tarifbindung, mehr Investitionen und höhere Renten.

Alle Wahljahre wieder formuliert auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine "Anforderungen" an die Parteien. 2017 stehen eine Stärkung der Tarifbindung, mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie eine Steuerentlastung kleiner und mittlerer Einkommen und eine spürbare Aufbesserung der Renten ganz oben auf dem Wunschzettel. Insgesamt geht es um einen "grundlegenden Politikwechsel" hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Den gewerkschaftlichen Vorstellungen am nächsten kommt dabei zweifellos der gerade erst veröffentlichte Wahlprogrammentwurf der Linkspartei. Das darin enthalten Kapitel "Gute Arbeit für Alle" zum Beispiel könnte in weiten Teilen auch aus der Feder des DGB stammen. Und in der Forderung nach einer stärkeren Besteuerung der "Superreichen" ist man sich ebenfalls einig. Allerdings meinte schon der frühere Vorsitzende Michael Sommer : "Wir sind überparteilich und werden weder für bestimmte Parteien noch Koalitionen werben oder Wahlempfehlungen aussprechen". Sein Nachfolger Reiner Hoffmann sieht das genauso: Der DGB sei "parteipolitisch neutral", man spreche aber mit allen demokratischen Parteien.

Gerade in den letzten Tagen und Wochen hat Hoffmann einen sehr breiten Dialog geführt. Zuletzt war der oberste Gewerkschafter sowohl bei der Bundesvorstandsklausur der CDU als auch bei den Jahresauftaktberatungen der SPD-Bundestagfraktion zu Gast. Dabei ging es ihm schwerpunktmäßig um die neuen Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Bereits im Dezember hatte Hoffmann an einem Treffen von Bundestagsabgeordneten zur Vorbereitung einer möglichen Regierungsübernahme durch Rot-Rot-Grün teilgenommen.

Aus Sicht des DGB ist eine Politik für mehr soziale Gerechtigkeit auch ein geeignetes Mittel gegen den erstarkenden Rechtspopulismus im Land. Vor diesem Hintergrund grenzte sich Hoffmann gestern vor Journalisten in Berlin auch von den Linken ab. Der Rechtspopulismus "in Teilen" dieser Partei passe nicht zu den Vorstellungen des DGB, so der Gewerkschafter . Das zielte auf diverse Äußerungen der linken Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht zur Flüchtlingspolitik, die man eher AfD-Funktionären zuschreiben würde und die auch in der Linkspartei selbst für Ärger gesorgt hatten.

Der amtierenden Bundesregierung hielt Hoffmann zugute, dass sie den Mindestlohn ins Gesetzblatt brachte. Genauso wie die abschlagsfreie Rente mit 63. Dies reiche jedoch bei weitem nicht aus, befand er. Zum Thema Altersbezüge will der DGB seine im vergangenen Jahr gestartete Kampagne fortsetzen. Ziel ist eine Stabilisierung des Rentenniveaus von gegenwärtig rund 48 Prozent gemessen am Durchschnittslohn. Längerfristig soll das Rentenniveau wieder auf rund 50 Prozent steigen, was aber Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe verursachen würde.

Vom Boom am Arbeitsmarkt können die im DGB verankerten acht Einzelgewerkschaften übrigens kaum profitieren. Zwar verzeichnete zum Beispiel die Gewerkschaft der Polizei im vergangenen Jahr einen Mitgliederzuwachs. Die Mitgliederzahl insgesamt ging jedoch um rund 58 000 auf gut 6,03 Millionen zurück. Zu den Ursachen zählt der Niedriglohnsektor, aber auch die Tatsache, dass mittlerweile mehr als Hälfte der Schulabgänger ein Studium aufnimmt. Im Hochschul- und Wissenschaftsbereich ist der gewerkschaftliche Einfluss schwächer als bei den Auszubildenden. Hoffmann sieht in den DGB-Gewerkschaften aber trotzdem noch "das größte politische Netzwerk" der Republik.

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