Handel Der Supermarkt wird ganz ohne Feier 60

Köln · Im September 1957 eröffnete in Köln der erste Supermarkt Deutschlands. Sechs Jahrzehnte später steht das Geschäftsmodell vor Problemen.

 In der Rheinlandhalle soll vor 60 Jahren Deutschlands erster Supermarkt eröffnet worden sein. Den damaligen Markt von Herbert Eklöh gibt es heute allerdings nicht mehr.

In der Rheinlandhalle soll vor 60 Jahren Deutschlands erster Supermarkt eröffnet worden sein. Den damaligen Markt von Herbert Eklöh gibt es heute allerdings nicht mehr.

Foto: dpa/Henning Kaiser

() Deutschland ist Supermarktland. Im vergangenen Jahr gab es hierzulande laut dem Handelsforschungsinstitut EHI rund 12 000 Supermärkte – mit nach wie vor steigender Tendenz. Das Netz, das Edeka, Rewe, Real und Co gesponnen haben, ist so dicht wie in kaum einem anderen Land. Doch ausgerechnet zum 60. Jahrestag der Eröffnung des erstes Supermarkts in Deutschland am kommenden Dienstag sieht sich das „Erfolgsmodell Supermarkt“ mit den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten konfrontiert.

Als Geburtsdatum des Supermarkts in Deutschland gilt der 26. September 1957. Damals eröffnete der Kaufmann Herbert Eklöh in der Kölner Rheinlandhalle einen Lebensmittelladen mit einer Verkaufsfläche von 2000 Quadratmetern – für damalige Verhältnisse ein gigantisches Geschäft. Während anderswo noch die Tante-Emma-Läden mit Bedienung durch Personal dominierten, setzte Eklöh in dem heute nicht mehr existierenden Betrieb auf Selbstbedienung, Warenvielfalt und Frische. Der deutsche Kaufmann habe sich bei der Gestaltung von Experten aus dem Mutterland des Supermarktes, den USA, beraten lassen, erzählt Jan Logemann, der an der Universität Göttingen über die Geschichte des Konsums forscht.

Einige Experten datieren zwar auch schon frühere Supermarkt-Eröffnungen, „aber es spricht vieles dafür, dass Eklöh den Startschuss für den Siegeszug des Supermarktes in Deutschland gegeben hat. Schon die Ladengröße von 2000 Quadratmetern macht ihn absolut zum Pionier“, sagt EHI-Geschäftsführer Michael Gerling. „Andere Läden waren damals höchstens 200 oder 300 Quadratmeter groß.“

Heute wird der Lebensmittelhandel in Deutschland von den großen Supermarktketten Edeka und Rewe geprägt. Doch gleich von zwei Seiten sehen sich Supermärkte unter Druck:

Herausforderung Nummer eins: Die Discounter. Aldi und Lidl geben Milliarden aus, um ihre Läden ansprechender zu gestalten und rücken optisch und im Angebot immer näher an die klassischen Supermärkte heran. Die Vollsortimenter müssen sich immer neue Angebote einfallen lassen, um den Abstand zu wahren.

Herausforderung Nummer zwei: Das Internet. Zwar spielt der Online-Handel im Lebensmittelbereich bislang nur eine kleine Rolle. Doch spätestens seitdem der Internetgigant Amazon seinen Lebensmittellieferdienst Amazon Fresh auch in Deutschland gestartet hat, scheint auch hier ein Damm gebrochen.

Supermarkt-Betreiber haben also trotz des Jubiläums keine Zeit, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Sie sind längst dabei, sich neu zu erfinden: mit eigenen Online-Angeboten, aber auch mit neuen Ideen für künftige Läden. „Das Gesicht des Supermarkts wird sich verändern. Im Supermarkt der Zukunft werden frische Produkte eine viel größere Rolle spielen“, ist Gerling überzeugt. Denn Obst, Gemüse, Fleisch oder Käse wolle der Kunde sehen und erleben, bevor er sie kaufe. Andere Artikelgruppen würden dagegen in den Online-Bereich abwandern. Stattdessen werde im Supermarkt der Zukunft die Gastronomie viel mehr Platz einnehmen, prognostiziert der EHI-Chef. Man werde nicht nur die Zutaten kaufen können, sondern gleich das fertige Essen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort