Der Künstler, der Prince war und es wieder wurde

Minnesota · Prince war mehr als ein Sänger, mehr als ein Musiker – er wollte ein Gesamtkunstwerk sein. Rund 100 Millionen Tonträger hat er verkauft und sich dennoch immer wieder gegen die Musikindustrie gestellt. Gestern ist er in seinem Anwesen in Minnesota gestorben.

 Ein Bild wie ein Vermächtnis: Prince 2011 bei einem Auftritt in Budapest. Foto: Balazs Mohai / dpa

Ein Bild wie ein Vermächtnis: Prince 2011 bei einem Auftritt in Budapest. Foto: Balazs Mohai / dpa

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Nein, sollten sich die ersten Nachrichten bewahrheiten, ist es nicht der typische Tod eines Rockstars. Der, so will es der Mythos, von Sex & Drugs & Rock'n' Roll ausgezehrt wird. Eine schwere, langwierige Grippeerkrankung soll Prince vor wenigen Tagen schon in die Klinik gezwungen haben. Und gestern ist Prince Rogers Nelson in seinem Anwesen in Paisley Park in Chanhassen, Minnesota, gestorben. Nur 57 Jahre jung - einer der Heroen der Pop-Geschichte, zumindest des späten 20. Jahrhunderts.

1984 war er plötzlich da, mit "Purple Rain", einer zu Falsettgipfeln getriebenen Rockballade. Ein Song, ein Film, der einen Weltstar schuf. Nicht nur, weil dieser Musikgenius - bis dahin jedenfalls unvergleichlich - so couragiert wie unbekümmert Musikstile vermengte: Funk, Soul, Blues, Jazz und das in einem opernhaften Divenauftritt auf hohen Hacken in Rüschenhemd und knallengen Hosen.

Prince war nicht bloß Sänger oder einfach Musiker, er wollte ein Gesamtkunstwerk wie David Bowie oder Freddie Mercury sein. Nach ersten zaghaften Schritten, in denen der Sohn eines Halbitalieners und einer afroamerikanischen Jazz-Sängerin versuchte, ein zweiter Stevie Wonder zu werden, war "Purple Rain" ein Statement von solcher Wucht, dass der Erfolg nicht überraschte. Einen Oscar und sieben Grammys gab es dafür. Aber Prince war nicht bloß ein Rebell, geliebt und gehasst für seine kapriziösen Szenen, er war auch so etwas wie ein Gegenentwurf zum immer mehr erbleichenden Michael Jackson, der sich als Schwarzer so für das weiße Amerika salonfähig machen wollte. Jackson und Prince, das war wie Wasser und Feuer, wie die Beatles und die Stones. Und Prince befeuerte diesen Gegensatz noch. Als er neben Jackson 1985 bei dem Benefizsong "We are the world" stehen und singen sollte, versetzte Prince die restliche Musikprominenz und vor allem den Rivalen. Seinem Erfolg schadete das nicht. Mit "Sign o' the times" setzte er 1986 einen ewigen Markstein der Rockgeschichte, "Diamond and Pearls" bekräftigte ein paar Jahre später seine immer wieder neu entfachte Kreativität, seine Lust, sich mit der Musik zu häuten, gewissermaßen seine Erscheinungsformen zu ändern.

Dabei war er auch so selbstkritisch, ein komplett fertiges Album, "Black Album", nicht zu veröffentlichen. Ein solcher Künstler musste sich dann wohl auch zwangsläufig mit der sich immer mehr kommerzialisierenden Musikindustrie anlegen. Mit seinem Label, Warner Bros. Records, lag er lange im Clinch. Das ging so weit, dass er seinen Erfolgsnamen ablegte und fortan unter einem unaussprechlichen Symbol firmierte - ein Affront für die Branche. Aber auch für viele seiner Fans war das wohl doch eine Spur zu exzentrisch, was "The artist formerly known as prince" sich da anmaßte. Früh entdeckte Prince, wie er dann wieder hieß, auch das Internet, um seine Musik zu vertreiben. Um sich auch davon wieder zu distanzieren.

Fast 40 Studioalben hat er gemacht, manche experimentell irrlichternd und verstörend schlecht, manche einfach genial.

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