Energie Der Konzern, der aus der Kälte kommt

Moskau · Der russische Energiekonzern Gazprom feiert heute seinen 25. Geburtstag. Die Geschäfte laufen im Jubiläumsjahr erstaunlich gut.

  Alexei Miller ist seit Mai 2001 Vorstandsvorsitzender von Gazprom. Er hat den Konzern seither kräftig umstrukturiert.

 Alexei Miller ist seit Mai 2001 Vorstandsvorsitzender von Gazprom. Er hat den Konzern seither kräftig umstrukturiert.

Foto: dpa/Sergei Ilnitsky

Die Führung des russischen Energieriesen Gazprom hat Deutschland und Europa zum 25-jährigen Firmenjubiläum fest im Blick. „Im vergangenen Jahr hat unser Unternehmen den absoluten Rekord beim Export von Gas nach Europa aufgestellt“, sagt Konzern-Vize Alexander Medwedew. Rund 194 Milliarden Kubikmeter habe Gazprom an Staaten vor allem in der EU verkauft – mehr als 40 Prozent seiner Förderung 2017.

Auf Deutschland, Schlüsselmarkt in der EU, entfiel mehr als ein Viertel der Lieferungen. Das soll nach der Strategie des größten Energiekonzerns der Welt noch mehr werden, wenn die Ostseepipeline Nord Stream 2 gebaut ist. Seit Jahren flankiert Gazprom sein Geschäft in Deutschland mit einem Sponsorenvertrag für den Bundesligisten Schalke 04 und setzt bei der Nord Stream AG auf Altkanzler Gerhard Schröder als Aushängeschild. Kritiker warnen vor zu großer Abhängigkeit.

Heute feiert nun Gazprom seinen 25. Geburtstag. Der Staatskonzern ist 1990 aus einem für die Gasindustrie zuständigen Sowjet-Ministerium hervorgegangen. Am 17. Februar 1993 folgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Heute kontrolliert Gazprom ein Geflecht aus Tochterfirmen auch in der Banken- und Medienbranche. Die Sektkorken dürften in der Moskauer Zentrale dank des jüngsten Export-Allzeithochs schon vor dem Jubiläum geknallt haben. Der Marktanteil in Europa sei auf fast 35 Prozent gestiegen, sagte Medwedew. Bis 2035 rechnet Gazprom mit einer Steigerung seines Anteils in Europa auf bis zu 41 Prozent.

Gewinnzahlen für 2017 lagen zwar zunächst nicht vor, aber die Werte des dritten Quartals lassen Manager-Herzen höher schlagen: Mit 200 Milliarden Rubel (2,8 Mrd Euro) hat sich das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2016 fast verdoppelt, wie Gazprom mitteilte.

„Finanziell ist Gazprom weitgehend gesund“, sagte Energieexperte Sergej Afonzew, der an zwei renommierten Moskauer Universitäten lehrt. Zugleich gebe es viel Potenzial für Verbesserungen etwa bei der Umsetzung neuer Projekte, sagte er. Hinter vorgehaltener Hand gehen Branchenkenner härter mit Gaz­prom ins Gericht. Die glänzenden Zahlen überstrahlten massive Probleme, heißt es: Zu viele Mitarbeiter (rund 450 000) und Korruptionsanfälligkeit sind Gründe für Ineffizienz, die den Gas-Riesen schwerfällig macht. Anerkannt wird allenthalben, dass sich der Konzern – auch nach Druck der EU – gewandelt hat. „Mehr Markt, weniger Geopolitik“, umschreibt Afonzew die Erneuerung der lang kritisierten Preispolitik. Über Jahre hatte Gazprom hohe Preise bei langen Laufzeiten diktiert. Die Kunden schluckten dies. Als aber 2006 und 2009 zwischen Russland und der Ukraine, dem wichtigsten Transitland für Gas in die EU, ein Streit eskalierte und Gazprom im Winter den Hahn zudrehte, schrillten in Westeuropa die Alarmglocken. So festigte sich das Bild von Gazprom als geopolitische Waffe des Kremls, um Staaten unter Druck zu setzen.

Die Zeit der teuren Verträge ist in der EU nun vorbei. Der Preis wird nach einem komplexen Schlüssel durch Angebot und Nachfrage gebildet. So kostete russisches Gas in der EU 2017 im Durchschnitt rund 197 Dollar je 1000 Kubikmeter. Die Marktgesetze sorgen dafür, dass die Preise fallen, je mehr Gas in Europa ankommt. Gazproms Strategie ist, die Lieferungen zu erhöhen, um den Absatz zu steigern und seine Position am Markt zu stärken.

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