David Garrett spielt den „Soundtrack seines Lebens“

Saarbrücken · Bekannt wurde David Garrett, der „Rebell an der Geige“, mit seinen Cross-over-Musikprojekten aus Klassik und Pop. Am Sonntag aber präsentierte er bei seinem Konzert in der Congresshalle in Saarbrücken ein klassisches Repertoire auf höchstem Niveau.

 Kleine Verschnaufpause: David Garrett mit seiner millionenteuren Geige. Foto: Oliver Dietze

Kleine Verschnaufpause: David Garrett mit seiner millionenteuren Geige. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Ob am Sonntag nicht viele in der vollbesetzten Congresshalle enttäuscht waren? Auf der Titelseite des Programmheftes ein ekstatischer Geiger mit wehendem Haar. Darunter der Schriftzug "David Garrett - Explosive live!", der eigentlich seiner nächsten Pop-Tour gilt, stolze Preise bis 110 Euro. Und dann? Dann kommt der nette Junge von nebenan auf die kahle Bühne, stimmt seine Geige und spielt eine lange Sonate von einem gewissen César Franck. Ohne Verstärker, ohne Band, ohne Lichtspektakel. Einfach so. Wow!

Ratloser Beifall nach dem 2. Satz. Erst allmählich schienen sich die Erwartungen der Zuhörer anzupassen. Klassikkenner allerdings hatten schon jetzt konstatiert, dass Garretts geigerische Souveränität durch seine Pop- und Rock-Ausflüge nicht gelitten hat, und dass seine Gestaltung des 3. Satzes, des "Rezitativs", phantasievoll und dramatisch gelang, unterstützt vom hervorragenden Begleiter Julien Quentin.

Und all jene, die den sympathischen Typ aus so mancher Talkshow wiedersehen wollten, der auch auf die dämlichsten Fragen gescheite Antworten zu geben versteht, kamen auf ihre Kosten. Denn Garrett erläuterte in seiner lockeren Moderation das Konzept für sein Programm: Es sei sozusagen der "Soundtrack seines Lebens". So habe ihn als Kind jene Franck-Sonate in Isaac Sterns Interpretation dazu motiviert, Geiger zu werden. Das folgende Training bei Zachar Bron sei hart gewesen, aber nötig, um schon früh Wieniawskis "Legende" spielen zu können, die er anschließend vorstellte. Menuhins Wiedergabe von Sarasates "Romanza andaluza" illustrierte Garrett dann durch seine eigene, beschrieb, dass er als Zehnjähriger Elgars "La Capricieuse" dem großen Kollegen Itzhak Perlman vorspielte, bei dem er später in New York studierte. Und kam über Wieniawskis "Polonaise" auf seine verehrte Lehrerin, die Polin Ida Haendel.

Nicht der Geiger, aber die Geige brachte die einzige kleine Enttäuschung: Garretts gelegentlich allzu kraftvollem Zugriff gerade auf der G-Saite schien sich seine Sechs-Millionen-Stradivari, einst von Adolf Busch gespielt, zu verschließen. Die wachsende Begeisterung des Publikums konnte das aber nicht trüben, zumal der Geiger, alles auswendig spielend, ebenso informativ wie unterhaltsam durch das übrige Programm führte. Mit wenigen Worten und Tönen demonstrierte er, wie Dvoráks "Humoreske" plagiiert wurde, zeigte an einem Prokofieff-Marsch von Jascha Heifetz, dass Geiger auch tüchtige Komponisten sein können (wobei er seine eigenen Erfolge auf diesem Gebiet verschwieg) und kam über Fritz Kreisler zum Czardas von Monti, den er mit dem nötigen Schmackes spielte, gewürzt mit prickelndem Sautillé und herrlich flötenden Flageolets. Da war es dann nicht mehr weit bis zu Rimskij-Korsakows "Hummelflug", für den Garrett eine Zeitlang den Geschwindigkeitsrekord hielt. Und als er, der Publikumskenner, die abschließende "Ronde des Lutins" von Bazzini seinen Eltern widmete, da war kein Halten mehr. Stehende Ovationen, rhythmischer Beifall, Kreisler-Zugabe.

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