China setzt Signal für freien Handel

Davos · Die Zeiten sind vorerst vorbei, dass ein US-Präsident auf einem Weltwirtschaftsforum für freien Handel eintritt. Diese Rolle übernimmmt nun Chinas starker Mann Xi. Doch auch China öffnet seine Märkte ausländischen Firmen nur ein Stück weit.

Die USA warten auf den Amtsantritt von Präsident Donald Trump , die EU ist nach dem britischen Brexit-Votum mit sich selbst beschäftigt. Nun will China die daraus entstehende Lücke nutzen. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos tritt Staats- und Parteichef Xi Jinping auf die Bühne und hält heute die Eröffnungsrede. Es ist das erste Mal, dass ein chinesischer Präsident an dem Gipfeltreffen in den Schweizer Bergen teilnimmt. Im Vorfeld gibt sich China betont offen und grenzt sich zugleich von populistischen Kräften wie Trump ab.

"Wir treffen uns in einer Zeit der Angst über die Perspektiven der Weltwirtschaft , wachsender Gegenreaktionen gegen die wirtschaftliche Globalisierung sowie steigendem Populismus und Handelsprotektionismus", schreibt Xi Jinping in einem Gastbeitrag für die "Neue Züricher Zeitung". China werde als riesiger Markt das Wachstum der Weltwirtschaft weiter unterstützen. Es sei wichtig, sich gegen zunehmende wirtschaftliche Abschottungstendenzen zu stemmen, sagte Xi gestern in einem Gespräch mit Wirtschaftsvertretern in Bern. Er reagierte damit indirekt auf Trump, der seine Abschottungsspolitik bekräftigt und den Austritt aus internationalen Freihandelsabkommen angekündigt hatte.

Noch deutlicher wird Jiang Jianguo, Chef des Informationsamtes des Staatsrates. In einer Rede bei der Welthandelsorganisation WTO in Genf sah Jiang die Welt kürzlich an einer historischen Weggabelung angelangt. Es gelte sich zu entscheiden "zwischen Krieg und Frieden, Armut und Entwicklung, Konfrontation und Zusammenarbeit, Monopol und einer Lösung zum Wohle aller". Und Jiang machte klar, auf welcher Seite China steht: Xi Jinping werde sich in Davos für friedliche Entwicklung einsetzen sowie für den wirtschaftlichen Erfolg aller und die "Einrichtung einer gemeinsamen Schicksalsgemeinschaft für die Menschheit".

Damit kommt der chinesische Staatschef dem Motto der 47. WEF-Jahrestagung auf dem Papier sehr nahe. Angesichts der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Umbrüche steht "anpassungsfähige und verantwortungsvolle Führung" im Mittelpunkt des viertägigen Treffens. "Es ist die respekteinflößende Aufgabe der heutigen Anführer, die richtigen Entscheidungen zu treffen in einer komplexen Welt, die an vielen lange bestehenden Problemen und emotionalem Aufruhr leidet", gibt WEF-Gründer Klaus Schwab (78) den etwa 3000 Gästen auf den Weg.

Dass sich China als Verteidiger des Freihandels inszeniert, halten Kritiker für wenig glaubwürdig. Sie bemängeln, dass dort mächtige Staatsbetriebe und lokaler Protektionismus Reformen behinderten. Von "ökonomischem Nationalismus" ist die Rede, die Vorwürfe umfassen Wirtschaftsspionage und das Abgreifen wichtiger Unternehmensdaten. Gespannt warten Davos-Teilnehmer, ob Xi darauf eingehen wird.

Meinung:

Botschafter der Globalisierung

Von SZ-Mitarbeiter Finn Mayer-Kuckuk

Während in den USA die organisierte Verantwortungslosigkeit ausbricht, zeigt sich China immer mehr als guter Weltbürger. China als Vorreiter im Klimaschutz, China als Hüter offener Märkte - wer hätte das gedacht? Der in wenigen Tagen höchste Vertreter der USA leugnet derweil den Treibhauseffekt und will den Handel einschränken und im Besonderen China bestrafen, weil es die USA bestehle. Die USA sind aber heute genauso von China abhängig wie umgekehrt. Es mag ein Fehler gewesen sein, es so weit kommen zu lassen, doch die Globalisierung lässt sich ohne größere Schocks nicht zurückdrehen. Xi kommt auch nach Davos , um diese Botschaft zu vermitteln.

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