Plagiarius 2019 China bleibt bei Fälschungen weiter spitze

Frankfurt · Alle zehn Auszeichnungen beim Schmähpreis „Plagiarius“ gehen in diesem Jahr ins Reich der Mitte.

 Das Originalventil der Firma Bürkert (l.) sowie die Fälschung einer chinesischen Firma.

Das Originalventil der Firma Bürkert (l.) sowie die Fälschung einer chinesischen Firma.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Diese Auszeichnung ist keine Ehre. Alljährlich wird auf der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt ein Preis für die dreistesten Fälschungen vergeben: der „Plagiarius“. Und regelmäßig sind chinesische Firmen mit ihren Nachahmer-Produkten reichlich vertreten. In diesem Jahr sind die zehn Auszeichnungen sämtlich an chinesische Unternehmen verliehen worden.

Mit Produktfälschungen lasse sich mehr Geld verdienen als im Kokainhandel, und das bei niedrigerem Entdeckungsrisiko und nur geringem Verfolgungsdruck, sagte der Direktor des Zentrums für Europäische und Internationale Strafrechtsstudien der Universität Osnabrück, Arndt Sinn, bei der Verleihung an die abwesenden Negativpreisträger am Freitag.

Europol schätze die Umsatzeinbußen im EU-Raum allein durch gefälschte Kleidung auf 43 Milliarden Euro, sagte Sinn. Dies entspreche der Vernichtung von 518 000 Arbeitsplätzen, den Staatshaushalten gingen acht Milliarden Euro Steuereinnahmen verloren. Der Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer gebe an, dass 71 Prozent seiner Mitgliedsunternehmen von Produkt- oder Markenpiraterie betroffen sei. Der geschätzte Schaden belaufe sich auf jährlich 7,3 Milliarden Euro. In dieser Branche stammten allerdings 19 Prozent der Plagiate aus Deutschland selbst, das damit Platz zwei hinter China einnehme.

Der Vertrieb von Nachahmungen werde durch den Online-Handel befördert, sagte Sinn. Im Jahr 2016 habe Europol 4500 Internetadressen gesperrt, auf denen gefälschte Erzeugnisse angeboten wurden. Der illegale Handel sei mit der organisierten Kriminalität verknüpft. Diese habe fließende Grenzen zu Terrorgruppen, die auch Produktfälschungen zur Finanzierung nutzten. Die europäischen Zollbehörden hätten im Jahr 2017 an den EU-Außengrenzen mehr als 31 Millionen Plagiate im Gesamtwert von mehr als 580 Millionen Euro beschlagnahmt – dies sei aber nur „die Spitze des Eisbergs“, sagte die Rechtsanwältin Aliki Busse vom Verein Aktion Plagiarius.

Zu den beschlagnahmten Fälschungen gehörten verunreinigte Parfüms und Kosmetika, technische Geräte mit mangelhafter Elektronik, gepanschte Lebensmittel, fehlerhaftes Kinderspielzeug oder falsche Medikamente. Die minderwertigen und billigeren Plagiate umfassten das Kopieren des Designs, den Klau der Technik und die Nachahmung der Originalmarke.

Der erste Preis des „Plagiarius 2019“ wurde der chinesischen Firma Ningbo ACME Industrial Automation verliehen. Sie habe ein ganzes Produktprogramm der Firma Bürkert-Werke aus dem baden-württembergischen Ingelfingen kopiert, kritisierte Busse. Beispielhaft dafür stehe ein Dampfventil, das in der Textilbranche, Medizintechnik und Pharmazie eingesetzt und in 56 Ländern vertrieben wird. Als Sonderpreis verlieh die Aktion einen „Hyänen-Preis“: Ein Bewegungsmelder der Firma Steinel im westfälischen Herzebrock-Clarholz ist gleich von mehreren chinesischen Firmen in minderwertiger Qualität, aber gleichem Aussehen kopiert worden.

Der von dem Verein Aktion Plagiarius verliehene Negativpreis soll die Geschäftspraktiken von Produktpiraten und Markenfälschern anprangern. Allerdings habe noch kein Preisträger die Trophäe entgegengenommen, sagte Busse.

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